Kontrollbetreuung – § 1820

(4) Das Betreuungsgericht kann anordnen, dass der Bevollmächtigte die ihm erteilte
Vollmacht nicht ausüben darf und die Vollmachtsurkunde an den Betreuer
herauszugeben hat, wenn

  1. die dringende Gefahr besteht, dass der Bevollmächtigte nicht den Wünschen des
    Vollmachtgebers entsprechend handelt und dadurch die
    Person des Vollmachtgebers oder dessen Vermögen erheblich gefährdet oder
  2. der Bevollmächtigte den Betreuer bei der Wahr

In dieser Bestimmung, die neu eingeführt wurde, wird erstmals die Möglichkeit gegeben, bei
einen noch nicht bestätigten Missbrauchsverdacht vorübergehend und kurzfristig die
Vollmacht zu suspendieren, ohne sie zugleich widerrufen zu müssen.

„Absatz 4 wird neu eingeführt. Diese Norm trägt dem Bedürfnis Rechnung, eine wirksame
Vollmacht bei einem bestehenden, aber noch nicht bestätigten Missbrauchsverdacht
vorübergehend und kurzfristig zu „suspendieren“, ohne sie sogleich widerrufen zu müssen.
Hierzu kann das Gericht anordnen, dass der Bevollmächtigte die ihm erteilte Vollmacht nicht
ausüben darf. Dies ist vorgesehen für solche Situationen, in denen zwar dringende
Anhaltspunkte für die Notwendigkeit eines Widerrufs vorliegen, diese aber noch nicht
ausreichend festgestellt werden können. Wenn der Vollmachtnehmer nicht bereit ist
zuzusichern, von der Vollmacht bis zur Klärung der Bedenken keinen Gebrauch zu machen,
gibt es bisher keine rechtliche Handhabe, deren Wirksamkeit vorläufig auszusetzen. Betreuer
wie Gericht haben bisher nur die Möglichkeit, die Vollmacht zu widerrufen – soweit der
Vollmachtgeber selbst dazu nicht mehr in der Lage ist. Mit dem Widerruf wäre sie allerdings
unwiederbringlich erloschen. Sollte sich dann bei weiteren Prüfungen herausstellen, dass die
Vorwürfe unberechtigt waren oder der Vollmachtnehmer sein Verhalten ändert, wäre ein
Wiederaufleben der Vollmacht nicht möglich. Soweit der Vollmachtgeber nicht mehr
geschäftsfähig ist und ein Regelungsbedarf besteht, müsste also der ehemals Bevollmächtigte
zum Betreuer bestellt werden. In der Fach-Arbeitsgruppe wurde empfohlen, für diese
missliche Situation eine Regelung zu schaffen, um dem Kontrollbetreuer oder dem Gericht
den notwendigen zeitlichen Spielraum für die Ermittlungen zu geben. Um sicherzustellen,
dass der Bevollmächtigte während der Anordnung des Ausübungsverbots keinen Gebrauch
von der Vollmacht macht, kann das Gericht zugleich die Herausgabe der Vollmachtsurkunde
anordnen. Da eine solche Maßnahme in der Regel eilbedürftig ist, soll zur Beschleunigung
und zur effektiveren Vollstreckung das Betreuungsgericht diese Anordnung treffen. Die
Herausgabe hat dann allerdings an den Betreuer zu erfolgen. Wenn sich der Verdacht nicht
bestätigt, also keine Gründe für einen Widerruf der Vollmacht vorliegen und die Vollmacht
auch nicht in der Zwischenzeit aus anderen Gründen erloschen ist, ist die gerichtliche
Anordnung aufzuheben und die Vollmachtsurkunde vom Betreuer an den Bevollmächtigten
zurückzugeben.“ (Amtlicher Text)

D3/2447
Abschließend nochmal zu dem Thema: Der Widerruf einer Vorsorgevollmacht soll die letzte
Möglichkeit sein, wörtlich steht es in den Gesetzesmaterialen:
„Der Widerruf soll ultima ratio sein, wie es bereits der BGH in seiner Rechtsprechung
ausgeführt hat (grundlegend: BGH, Beschluss vom 28.07.2015 – XII ZB 674/14; vgl. auch
Nedden-Boeger, BtPrax 2019 S. 87, 90 f.). Sind behebbare Mängel bei der
Vollmachtausübung festzustellen, erfordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich
zunächst den Versuch, durch den (Kontroll-)Betreuer auf den Bevollmächtigten positiv
einzuwirken, insbesondere durch Verlangen nach Auskunft und Rechenschaftslegung nach §
666 BGB, sowie durch die Ausübung bestehender Weisungsrechte. Nur wenn diese
Maßnahmen fehlschlagen oder aufgrund feststehender Tatsachen mit hinreichender Sicherheit
als ungeeignet erscheinen, ist der Widerruf der Vollmacht verhältnismäßig.“

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Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz –

Amtliche Begründung zu den neuen
Gesetzestexten

In diesem Text haben wir uns die Mühe gemacht, die amtliche Begründung zu den neuen
Gesetzestexten
darzulegen. Gerade für Betroffene aber auch für mit dem Betreuungsrecht
befassten Personen und Journalisten dürfte anhand des Textes es etwas einfacher werden, die
mehr als komplizierten Bestimmungen zu verstehen.

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Rechtliche Betreuung – Betreuerbestellung

§ 1814
Voraussetzungen

(1) Kann ein Volljähriger seine Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich nicht besorgen und beruht dies auf einer Krankheit oder Behinderung, so bestellt das Betreuungsgericht für ihn einen rechtlichen Betreuer (Betreuer).

Zu § 1814 (Voraussetzungen)
§ 1814-E ersetzt § 1896 BGB. Als „Fundamentalnorm“ des Betreuungsrechts legt
nunmehr § 1814 BGB-E die Voraussetzungen fest, bei deren Vorliegen der Staat
verpflichtet ist, Erwachsenen, deren rechtliche Handlungsfähigkeit beeinträchtigt ist,
Schutz und Fürsorge durch Bereitstellung des Rechtsinstruments der rechtlichen
Betreuung zu gewähren. Die rechtliche Betreuung stellt damit eine „geeignete
Maßnahme“ im Sinne von Artikel 12 Absatz 3 UN-BRK dar, durch die Menschen mit
Behinderungen Zugang zu der Unterstützung verschafft wird, die sie bei der Ausübung
ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen. Zugleich bestimmt §
1814 BGB-E aber auch die Schwelle für den mit der Anordnung einer rechtlichen
Betreuung verbundenen Eingriff in das Grundrecht des Betroffenen auf freie und
selbstbestimmte Entfaltung der Persönlichkeit.
Zur besseren Verwirklichung des Erforderlichkeitsgrundsatzes wird der bisherige § 1896
BGB in zwei Vorschriften aufgeteilt. Während in § 1814 BGB-E die allgemeinen
Voraussetzungen für eine Betreuerbestellung genannt und die grundsätzliche
Erforderlichkeit einer Betreuung in Abgrenzung zur Vorsorgevollmacht und zu
anderweitiger Unterstützung bestimmt werden, wird der Umfang der Betreuung künftig in
§ 1815 BGB-E geregelt.

(2) Kann ein Volljähriger seine Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich nicht besorgen und beruht dies auf einer Krankheit oder Behinderung, so bestellt das Betreuungsgericht für ihn einen rechtlichen Betreuer (Betreuer).

Zu Absatz 1
Absatz 1 entspricht im Wesentlichen § 1896 Absatz 1 Satz 1 BGB, enthält aber
einige wesentliche Änderungen.

Anders als im geltenden Recht wird der tatsächliche Handlungsbedarf, also die
Unfähigkeit des Volljährigen, seine Angelegenheiten zu besorgen, als erste
Voraussetzung genannt. Hierdurch soll die Prüfung der Notwendigkeit der
Bestellung eines Betreuers weniger auf die medizinische Feststellung von Defiziten
der betreffenden Personen fokussiert werden, vielmehr soll der konkrete
Unterstützungsbedarf in den Vordergrund gestellt werden. Nicht der medizinische
Befund einer Krankheit oder Behinderung soll das vorrangig festzustellende
Tatbestandselement sein, sondern der individuell und konkret zu bestimmende
objektive Unterstützungsbedarf. Um nur solchen Unterstützungsbedarf als
betreuungsrelevant zu kennzeichnen, der durch einen Betreuer wahrgenommen
werden könnte und müsste, wird das Unvermögen zur Besorgung der
Angelegenheiten durch die Einschränkung „rechtlich“ konkretisiert.
Obwohl teilweise kritisiert wird, dass die Bestellung eines Betreuers an bestimmte
Erkrankungen oder Behinderungen anknüpft, da bei bestimmten Diagnosen
teilweise eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit vermutet werde und
diese Anknüpfung dazu führen könne, dass für Personen mit diesen Diagnosen
vorschnell ein rechtlicher Betreuer bestellt wird, bestand unter den am
Diskussionsprozess teilnehmenden Expertinnen und Experten weitgehende
Einigkeit, dass zur Bestimmung der Betreuungsbedürftigkeit neben dem objektiven
Unterstützungsbedarf auch das Erfordernis einer subjektiven
Betreuungsbedürftigkeit weiterhin erhalten bleiben sollte. Die Streichung einer
solchen subjektiven Anknüpfung hätte zur Folge, dass die Schwelle zur Bestellung
eines rechtlichen Betreuers dahingehend abgesenkt würde, dass bereits die
(partiell) fehlende rechtliche Handlungsfähigkeit einer Person ausreichen würde, um
die Bestellung eines rechtlichen Betreuers zu rechtfertigen. Damit würden in den
Anwendungsbereich der rechtlichen Betreuung auch solche Menschen einbezogen,
die ein aus gesellschaftlicher oder staatlicher Sicht nicht toleriertes Verhalten an den
Tag legen, ohne dass dies auf der Grundlage eines hinreichenden medizinischen
Befunds kausal auf eine Erkrankung oder Behinderung zurückzuführen ist. Vor dem
Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die
Anordnung einer rechtlichen Betreuung einen Eingriff in das durch Artikel 2 Absatz 1
in Verbindung mitArtikel 1 Absatz 1 GG garantierte Recht auf freie und
selbstbestimmte Entfaltung der Persönlichkeit darstellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom

  1. März 2016 – 1 BvR 184/13, st. Rspr.), ist eine solche Erweiterung des
    Anwendungsbereichs nicht geboten. Vielmehr wird gerade dadurch, dass der
    objektive Betreuungsbedarf und die subjektive Betreuungsbedürftigkeit sowie die
    Kausalität zwischen beiden Tatbestandsmerkmalen kumulativ vorliegen müssen, um
    die Bestellung eines Betreuers zu rechtfertigen, die notwendige Schwelle errichtet,
    die Erwachsene – neben dem Erforderlichkeitsgrundsatz – vor einer übermäßigen,
    nicht zu rechtfertigenden rechtlichen Betreuung schützt. Das Erfordernis des
    kumulativen Vorliegens der drei Tatbestandsmerkmale verhindert zudem, dass aus
    einer festgestellten Diagnose vorschnell auf eine Betreuungsbedürftigkeit
    geschlossen wird. Durch dieses Erfordernis, ergänzt um den
    Erforderlichkeitsgrundsatz, wird zum einen eine Diskriminierung von Menschen mit
    Behinderungen ausgeschlossen. Zum anderen ist nicht allein die Komplexität oder
    Schwierigkeit des Regelungsbedarfs ausschlaggebend, für deren Bearbeitung in der
    Regel anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen wird.
    Allerdings soll zur Vermeidung von Diskriminierungen die bisherige Formulierung
    dahingehend geändert werden, dass die Eingrenzung auf eine nur psychische
    Krankheit und eine nur körperliche, geistige oder seelische Behinderung gestrichen
    und künftig nur noch an eine Krankheit oder Behinderung angeknüpft wird. Im Lichte
    der UN-BRK erscheint es nicht mehr angezeigt, psychische Erkrankungen

besonders herauszustellen und damit die Gruppe der hiervon betroffenen Menschen
als besonders betreuungsbedürftig hervorzuheben. Der potentielle Personenkreis,
für den eine Betreuung als grundsätzlich in Betracht kommend im Gesetz
beschrieben ist, soll damit gegenüber dem geltenden Recht nicht verändert werden,
d.h. weder soll der Adressatenkreis ausgeweitet werden, noch sollen Menschen mit
Behinderungen von vornherein von dem Zugang zur rechtlichen Betreuung
ausgeschlossen werden. Ziel der Neuregelung ist daher nicht eine Veränderung des
Personenkreises, für den eine Betreuung in Betracht kommt, sondern eine
sprachliche Neufassung, die veraltete und potentiell stigmatisierende Begriffe durch
zeitgemäße Begriffe ersetzt. Die Aufgabe des Merkmals „psychisch“ im
Zusammenhang mit der Krankheit trägt auch dem Umstand Rechnung, dass es
häufig körperliche Erkrankungen gibt, die aufgrund ihrer Schwere einen
Betreuungsbedarf begründen, ohne dass es sich schon um eine Behinderung
handelt. Auch kann so der Vielfalt der Erkrankungsformen, die im herkömmlichen
System nicht richtig erfasst werden können, wie z.B. organischen Erkrankungen mit
psychischen Symptomen, besser Rechnung getragen werden.
Die Befürchtung, dass durch die Aufgabe der Einschränkung auf psychische
Krankheiten der Kreis der Personen, für die ein Betreuer bestellt werden kann,
deutlich ausgeweitet wird und nunmehr auch vergleichsweise geringfügige
körperliche Erkrankungen oder solche Erkrankungen, die nur ganz vorübergehender
Natur sind, ausreichen, erscheint unbegründet. Schon im geltenden Recht ist eine
bestimmte Schwere einer psychischen Erkrankung keine ausdrückliche
Tatbestandsvoraussetzung. Allerdings wirkt sich der Grad der Störung auf die
Fähigkeit, seine Angelegenheiten selbst zu regeln, aus und wird in diesem Rahmen
berücksichtigt. Auch der weiteren Befürchtung, dass durch die Streichung des
Adjektivs „psychisch“ in Zukunft sämtliche Abhängigkeitserkrankungen die
Grundlage für die Bestellung eines Betreuers bilden könnten, was bisher durch die
Rechtsprechung des BGH ausgeschlossen war, soll hier ausdrücklich
entgegengetreten werden. Bei dem Ausschluss einer bloßen
Abhängigkeitserkrankung mit der Begründung, eine solche Erkrankung sei keine
psychische Krankheit „im Sinne von § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB“ (BGH, Beschluss
vom 13. April 2016 – XII ZB 95/16, st. Rspr.), liegt der Schwerpunkt der Feststellung
eher auf der „Krankheit im Sinne dieser Vorschrift“ als auf deren Charakterisierung
als „psychisch“, da sowohl in der medizinischen Terminologie als auch nach der
Gesetzesbegründung zu § 1896 BGB (Bundestagsdrucksache 11/4528, S. 116)
Abhängigkeitskrankheiten sehr wohl als psychische Krankheiten anzusehen sind.
An dieser Rechtsprechung kann daher auch ohne das Adjektiv „psychisch“
festgehalten werden, wenn wie bisher darauf abgestellt wird, dass eine
Abhängigkeitserkrankung für sich genommen keine „Krankheit im Sinne dieser
Vorschrift“ ist.
Die Aufgabe der Bezeichnung bestimmter Arten einer Behinderung im Normtext
beruht auf der Überlegung, dass es viele Bilder von potentiellen Beeinträchtigungen
der rechtlichen Handlungsfähigkeit gibt, die sich nicht in eine der im Normtext des §
1896 Absatz 1 Satz 1 BGB benannten Arten von Behinderungen einsortieren
lassen, gleichwohl aber einen Betreuungsbedarf begründen. Insbesondere die
mangelnde Klarheit des Begriffs „seelische Behinderung“, der in erster Linie dazu
dient, Regelungslücken zu verhindern (vgl. Jürgens/Jürgens, Betreuungsrecht, 6.
Aufl. 2019, § 1896 Rn. 6), spricht dafür, die Unterscheidung verschiedener
Behinderungsarten aufzugeben. Auch wenn diese Überlegung bereits im Rahmen
der Einführung des Betreuungsrechts angestellt und damals mit der Begründung
verworfen wurde, dass sozial unangepasstes Verhalten keine Betreuung

rechtfertigen könne (Bundestagsdrucksache 11/4528, S. 117), ist aus heutiger Sicht
eine Zusammenschau der subjektiven Betreuungsbedürftigkeit, des objektiven
Unterstützungsbedarfs und der Kausalität zwischen beiden Merkmalen am besten
geeignet, die Fälle zu definieren, in denen eine Betreuerbestellung zwingend
erforderlich ist. Es ist nicht zu befürchten, dass ein bloßes kriminelles Verhalten zum
Anlass für die Bestellung eines Betreuers genommen wird.
Schließlich enthält Absatz 1 eine Legaldefinition des rechtlichen Betreuers. Um nicht
in jeder Gesetzesnorm von dem „rechtlichen Betreuer“ sprechen zu müssen, wird
klargestellt, dass im Kontext dieses Gesetzes immer dann, wenn der „Betreuer“
genannt wird, der „rechtliche Betreuer“ gemeint ist.

(3) Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden.

Zu Absatz 2
Absatz 2 entspricht § 1896 Absatz 1a BGB.

(4) Ein Betreuer darf nur bestellt werden, wenn dies erforderlich ist. Die Bestellung eines Betreuers ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen

Zu Absatz 3
Absatz 3 nimmt die Regelung des § 1896 Absatz 2 BGB auf und regelt den
Grundsatz der Erforderlichkeit der Bestellung eines Betreuers. Dabei bezieht sich
Satz 1 auf die grundsätzliche Erforderlichkeit einer Betreuerbestellung, Satz 2
enthält den Grundsatz des Nachrangs der Betreuung.

  1. durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1816 Absatz 6
    bezeichneten Personen gehört, gleichermaßen besorgt werden können oder

Zu Nummer 1
Wie bisher, gilt auch weiterhin der mit Verfassungsrang ausgestattete
Erforderlichkeitsgrundsatz für das Betreuungsrecht. Der grundsätzliche
Eingriffscharakter der Bestellung eines Betreuers besteht auch dann, wenn diese
mit dem vollen informierten Einverständnis des Betroffenen erfolgt, der Betreuer bei
der Betreuungsausübung stets die Vorgaben des § 1901 BGB beachtet und von
stellvertretenden Handlungen grundsätzlich absieht. Denn wie vom
Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 23.03.2016, 1 BvR 184/13, st.
Rspr.) festgestellt, ist mit der Bestellung eines Betreuers strukturell die Zuweisung
einer rechtlichen oder tatsächlichen Mitverfügungsgewalt verbunden, auf deren
Ausübung der Betreute nicht immer eigenverantwortlich Einfluss nehmen kann.
Diese Mitverfügungsgewalt besteht zum einen in der Verleihung der grundsätzlichen
Vertretungsbefugnis an den Betreuer, die mit dessen Bestellung verbunden ist. Die
dem Betreuer verliehene Mitverfügungsgewalt erschöpft sich aber nicht in der
Vertretungsbefugnis, sondern je nach Aufgabenkreis kommen ihm u.U. auch
weitergehende Fremdbestimmungsbefugnisse zu, die gewöhnlich nicht mit einer
Stellvertretung im Rechtssinne verbunden werden, etwa die Befugnis zur
Umgangsbestimmung, zur Telefon- und Postkontrolle oder zur
Aufenthaltsbestimmung. Auch hat die Bestellung eines Betreuers häufig
Einschränkungen für den Betreuten in tatsächlicher Hinsicht zur Folge, da er
teilweise im Rechtsverkehr, z.B. von Behörden, Banken oder Ärzten, nicht mehr als
vollwertiger Ansprechpartner akzeptiert wird. Die rechtliche Betreuung weist mithin

einen Doppelcharakter als Schutz- und Fürsorgemaßnahme und als Eingriff auf
(siehe grundlegend Lipp, Freiheit und Fürsorge, S. 75 ff).
Anders als im geltenden Recht soll die grundsätzliche Erforderlichkeit der
Betreuerbestellung nicht nur über die Erforderlichkeit einzelner Aufgabenkreise (so
§ 1896 Absatz 2 Satz 1 BGB) definiert werden, vielmehr soll in Absatz 3 durch das
Zusammenspiel von Satz 1 und 2 geregelt werden, wann die Bestellung eines
Betreuers überhaupt zulässig ist.
Zu Satz 2
Satz 2 enthält den Grundsatz des Nachrangs der rechtlichen Betreuung gegenüber
anderen Unterstützungsformen, der derzeit in § 1896 Absatz 2 Satz 2 BGB geregelt
ist. Die Erforderlichkeit einer Betreuerbestellung liegt gerade dann nicht vor, wenn
eine ausreichende anderweitige Unterstützung vorhanden ist. Mit der Aufzählung in
Nummer 1 und 2 sind beispielhaft die Fälle genannt, in denen die Erforderlichkeit
der Bestellung eines Betreuers entfällt. Diese Aufzählung ist jedoch – wie auch
bisher diejenige in § 1896 Absatz 2 Satz 2 BGB (vgl. Jürgens/Jürgens,
Betreuungsrecht, 6. Aufl. 2019, § 1896 Rn. 18) – nicht abschließend, vielmehr kann
nach der Grundnorm des Satzes 1 auch in den von Satz 2 nicht erfassten Fällen die
Erforderlichkeit entfallen.
Dies kann der Fall sein, wenn zum Beispiel eine Vertretung im Rahmen der
Geschäftsführung ohne Auftrag erfolgt oder ein vorübergehendes Vertretungsrecht
eines Ehegatten oder Lebenspartners kraft Gesetzes nach § 1358 BGB-E besteht.
Neu eingeführt werden soll mit dieser Vorschrift ein zeitlich befristetes gegenseitiges
Notvertretungsrecht von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge. Das
gesetzliche Vertretungsrecht greift in der Regel dann ein, wenn eine akut
eingetretene gesundheitliche Beeinträchtigung eines Ehegatten infolge eines Unfalls
oder einer Erkrankung eine ärztliche Akutversorgung notwendig macht. Soweit der
vertretende Ehegatte auf der Grundlage und im Rahmen dieses Vertretungsrechts
den aktuellen rechtlichen Regelungsbedarf umfassend erledigen kann, ist die
gerichtliche Bestellung dieses Ehegatten oder auch einer anderen Person als
Betreuer nicht erforderlich. Ausgeschlossen ist das Vertretungsrecht nach § 1358
Absatz 3 Nummer 3 BGB-E allerdings, soweit für den zu vertretenden Ehegatten
bereits ein Betreuer bestellt ist und dessen Aufgabenkreis die in § 1358 Absatz 1
BGB-E genannten Angelegenheiten der Gesundheitssorge umfasst. Insoweit geht
die Betreuung vor. Deckt der Aufgabenkreis des Betreuers nur teilweise die in
Absatz 1 beschriebenen Aufgaben ab, ist der Ehegatte nur von der Vertretung nach
§ 1358 BGB-E ausgeschlossen, soweit der Aufgabenkreis des Betreuers reicht. Ist
der vertretende Ehegatte zum Betreuer bestellt, handelt er nicht im Rahmen des §
1358 BGB-E, sondern als Betreuer. Eine bereits bestehende Betreuung ist also
auch dann nicht aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für die Entstehung des
Ehegattenvertretungsrechts eintreten.
Ist zum Zeitpunkt des Eintritts der das Ehegattenvertretungsrecht auslösenden
Bewusstlosigkeit oder Krankheit ein Betreuungsverfahren bereits eingeleitet oder
kommt es während der für das Vertretungsrecht gesetzlich vorgesehenen
Geltungsdauer zur Einleitung eines Betreuungsverfahrens, hat das
Betreuungsgericht die Erforderlichkeit der Bestellung eines
Betreuers im Einzelfall zu prüfen. Die Erforderlichkeit der Bestellung eines Betreuers
kann – trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 1358 BGB-E – etwa dann
gegeben sein, wenn der vertretende Ehegatte das Vertretungsrecht aufgrund
eigener Erkrankung, Behinderung oder Verhinderung nicht ausüben kann. Dies gilt

auch dann, wenn das Betreuungsgericht feststellt, dass der vertretende Ehegatte
nicht entsprechend der – über § 1358 Absatz 6 BGB-E auch für ihn geltenden –
Vorgaben des § 1821 Absatz 2 bis 4 BGB-E handelt. Wird während der
Geltungsdauer des gesetzlichen Ehegattenvertretungsrechts ein Betreuer für die
hiervon erfassten Angelegenheiten bestellt, besteht die Berechtigung des
vertretenden Ehegatten nicht mehr (§ 1358 Absatz 5 BGB-E).
Zu Nummer 1
Nummer 1 benennt als einen Fall der fehlenden Erforderlichkeit das Vorhandensein
eines Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1816 Absatz 6 BGB-E genannten
Personen gehört. Dieser Fall entspricht damit grundsätzlich § 1896 Absatz 2 Satz 2
erste Alternative BGB, wobei der ausgeschlossene Personenkreis auf sämtliche
Personen erweitert wird, die zu einem Träger von Einrichtungen oder Diensten, die
in der Versorgung des Volljährigen tätig sind, in einem Abhängigkeitsverhältnis oder
einer anderen engen Beziehung stehen. Damit werden die Fälle deutlich
ausgeweitet, in denen das Betreuungsgericht trotz des Bestehens einer
Vorsorgevollmacht einen Betreuer bestellen und hierdurch einen gegebenenfalls
drohenden Missbrauch der Vollmacht von vornherein verhindern kann. Geändert
worden ist zudem der Vergleichsmaßstab zur Besorgung der Angelegenheiten
durch einen Betreuer. Während bisher in der Formulierung „ebenso gut“ ein
Qualitätsaspekt enthalten ist, soll nunmehr klargestellt werden, dass
Vergleichsmaßstab nicht eine bestimmte Qualität („gut“) ist, sondern eine mit einer
Betreuung vergleichbare Besorgung der Angelegenheiten („gleichermaßen“).

  1. durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird,
    erledigt werden können, insbesondere durch solche Unterstützung, die auf sozialen Rechten oder anderen Vorschriften beruht.

Zu Nummer 2
Nummer 2 stellt den Vorrang anderer Hilfen vor einer Betreuerbestellung klar und
konkretisiert diesen. Die Gesetzesformulierung „andere Hilfen, bei denen kein
gesetzlicher Vertreter bestellt wird“ entspricht § 1896 Absatz 2 Satz 2 BGB. Sie stellt
– wie bisher – einen Auffangtatbestand für alle sonstigen Hilfen dar, unabhängig
davon, ob es sich um eine rein tatsächliche Unterstützung durch Familie, Freunde,
Bekannte oder Nachbarn handelt oder um eine andere formelle Art der
Unterstützung. Allen diesen Hilfen und Unterstützungsformen ist gemein, dass
hierdurch kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird und daher kein Grundrechtseingriff
erfolgt, der mit der Bestellung eines Betreuers verbunden wäre. Anders als im
geltenden Recht ist der Vergleichsmaßstab mit der Betreuerbestellung jedoch nicht
mehr die „ebenso gute Besorgung“ durch andere Hilfen, vielmehr geht es hier
weniger um eine dauerhafte Begleitung, was der Begriff „besorgen“ beinhaltet,
sondern darum, dass konkrete Angelegenheiten tatsächlich erledigt, also
abschließend geregelt werden.
Die Ergänzung „insbesondere durch solche Unterstützung, die auf sozialen Rechten
oder anderen Vorschriften beruht“ zielt darauf ab, die als vorrangige „andere Hilfen“
in Betracht kommenden Formen der Unterstützung künftig konkreter zu bezeichnen.
Gegenüber der bisherigen Formulierung in § 1896 Absatz 2 Satz 2 zweite
Alternative BGB sollen die vorrangige Hilfe durch andere Unterstützungsformen
deutlicher benannt und der Nachrang der rechtlichen Betreuung insbesondere
gegenüber solchen Hilfen klargestellt werden, die auf einer anderen gesetzlichen
Grundlage beruhen. Durch die Ergänzung wird der Begriff „soziale Rechte“ aus § 2
Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) aufgenommen und deutlich gemacht, dass

jede Form der Unterstützung, die auf einer sozialrechtlichen Vorschrift beruht,
Vorrang vor der Bestellung eines rechtlichen Betreuers hat. Diese Klarstellung
erscheint erforderlich, da nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG,
Urteil vom 30. Juni 2016, Az.: B 8 SO 7/15 R, Rn. 21 f.) derzeit die Gewährung
sozialer Hilfen dann nicht in Betracht kommt, wenn ein rechtlicher Betreuer bestellt
ist, der die „soziale Leistung“ erbringt, d.h. nach der Rechtsprechung des BSG ist
das Vorhandensein einer rechtlichen Betreuung bei der Leistungsgewährung der
Sozialleistungsträger zu berücksichtigen. Um zu vermeiden, dass hieraus der
Schluss gezogen wird, die Bestellung eines rechtlichen Betreuers sei bereits
angezeigt, sobald eine Unterstützung des Betroffenen bei der Beratung zu etwaigen
sozialrechtlichen Leistungsansprüchen notwendig erscheint, erfolgt diese
Klarstellung. Es sollen hingegen keine konkreten anderen Hilfen, insbesondere
sozialrechtlicher Art, als vorrangig benannt werden, da in diesem Fall immer die
Gefahr der Unvollständigkeit besteht. Daneben kommen aber auch Hilfen nach
anderen gesetzlichen Vorschriften, etwa im Rahmen der Bewährungshilfe, in
Betracht, weswegen die Benennung von sozialrechtlichen Vorschriften nicht
abschließend sein kann.

(4) Die Bestellung eines Betreuers erfolgt auf Antrag des Volljährigen oder von Amts wegen. Soweit der Volljährige seine Angelegenheiten lediglich aufgrund einer körperlichen Krankheit oder Behinderung nicht besorgen kann, darf ein Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann.

Zu Absatz 4
In Absatz 4 sind die bisher in § 1896 Absatz 1 Satz 1 und Satz 3 BGB enthaltenen
verfahrensrechtlichen Regelungen zur Einleitung des Betreuungsverfahrens durch
einen Antrag des Volljährigen oder von Amts wegen enthalten. Satz 2 präzisiert die
Regelung des § 1896 Absatz 1 Satz 3 BGB dahingehend, dass das
Antragserfordernis, das Auswirkungen auf die
Aufhebung der Betreuung (§ 1871 Absatz 2 BGB-E) und das Verfahren (§ 281
Absatz 1 Nummer 1 FamFG) hat, nur dann gilt, wenn die Unfähigkeit des
Volljährigen, seine Angelegenheiten zu regeln, allein auf einer körperlichen
Krankheit oder Behinderung beruht. Kommen andere Krankheiten oder
Behinderungen hinzu, bleibt es bei der allgemeinen Regelung in Satz 1. Auch sind
jetzt neben körperlichen Behinderungen auch körperliche Krankheiten einbezogen,
da diese nach der neuen Konzeption auch die medizinische Voraussetzung für eine
Betreuerbestellung erfüllen können (siehe Begründung zu Absatz 1). Die Regelung
aus § 1896 Absatz 1 Satz 2 BGB kann im Hinblick auf § 275 FamFG entfallen. Denn
in der letztgenannten Vorschrift ist in ausreichender Weise klargestellt, dass in
Betreuungssachen der Betroffene ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit
verfahrensfähig ist, also auch einen Antrag auf Bestellung eines Betreuers stellen
kann.

(5) Ein Betreuer kann auch für einen Minderjährigen, der das 17. Lebensjahr vollendet hat, bestellt werden, wenn anzunehmen ist, dass die Bestellung eines Betreuers bei Eintritt der Volljährigkeit erforderlich sein wird. Die Bestellung des Betreuers wird erst mit dem Eintritt der Volljährigkeit wirksam.

Zu Absatz 5

In Absatz 5 ist die bisher in § 1908a BGB geregelte Möglichkeit der vorsorglichen
Betreuerbestellung für Minderjährige überführt worden.

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§ 1358 Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge

Zu § 1358 (Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der
Gesundheitssorge)
Neu eingeführt wird mit dieser Vorschrift ein gegenseitiges Vertretungsrecht von
Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge. Nach § 21
Lebenspartnerschaftsgesetz gilt die Vorschrift auch für Lebenspartner. Entsprechend
den Vorgaben im Koalitionsvertrag, nach der es Ehepartnern ermöglicht werden soll,
im Betreuungsfall füreinander Entscheidungen über medizinische Behandlungen zu
treffen, sollen Ehegatten unter eng begrenzten Voraussetzungen berechtigt sein, den
anderen Ehegatten in bestimmten Angelegenheiten der Gesundheitssorge
vorübergehend vertreten zu können.
Zum besseren Verständnis enthält die Vorschrift eine Legaldefinition des vertretenen
Ehegatten und des vertretenden Ehegatten.

  1. Kann ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit seine
    Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen (vertretener
    Ehegatte), ist der andere Ehegatte (vertretender Ehegatte) berechtigt, für den zu
    vertretenden Ehegatten

    Zu Absatz 1
    Absatz 1 regelt die Voraussetzungen des Vertretungsrechts durch den Ehegatten
    und enthält in den Nummern 1 bis 4 einen abschließenden Katalog derjenigen
    Angelegenheiten der Gesundheitssorge, in denen eine Vertretung erfolgen kann.
    Das Vertretungsrecht des Ehegatten besteht nur und soweit der andere Ehegatte
    aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit nicht in der Lage ist, die in der
    Vorschrift genannten Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich zu besorgen.
    Mit diesen Voraussetzungen orientiert sich die Regelung bewusst an den
    Voraussetzungen der Bestellung eines Betreuers (§ 1814 Absatz 1 BGB-E). Diese
    Parallele zum Betreuungsrecht entspricht der Zielsetzung der Regelung, die in den
    hier betroffenen Anwendungsfällen bei Fehlen einer Vorsorgevollmacht oftmals
    notwendige Anordnung einer vorläufigen Betreuung nach § 300 FamFG möglichst
    zu vermeiden. Was die neben dem in Gesundheitsangelegenheiten vorausgesetzten objektiven Betreuungsbedarf erforderliche subjektive Betreuungsbedürftigkeit des Ehegatten angeht, so ist diese auf den gesundheitlichen Zustand einer Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit begrenzt.
    Damit wird deutlich, dass Anlass für das gesetzliche Vertretungsrecht von Ehegatten eine akut eingetretene gesundheitliche Beeinträchtigung des Ehegatten infolge eines Unfalls oder einer Erkrankung ist, die auch eine ärztliche Akutversorgung notwendig macht.
    Eine Pflicht, das Vertretungsrecht wahrzunehmen, besteht für den Ehegatten nicht.
    Sieht sich ein Ehegatte von Beginn an oder im Laufe der Vertretungszeit nicht
    (mehr) in der Lage, sich um die Angelegenheiten seines Ehepartners zu kümmern,
    etwa weil er selbst auf Grund einer Erkrankung oder Behinderung in seiner
    Handlungsfähigkeit beeinträchtigt oder weil er durch die Situation überfordert ist, teilt
    er dies dem behandelnden Arzt mit. Dieser hat – soweit dies nicht bereits durch den
    Ehegatten oder sonstige Angehörige des Patienten geschehen ist – beim
    zuständigen Betreuungsgericht die Einleitung eines Betreuungsverfahrens anzuregen. Gleiches gilt, wenn der Ehegatte tatsächlich an der Ausübung des Vertretungsrechts gehindert ist, weil er sich beispielsweise länger im Ausland aufhält und dort nicht erreichbar ist. Der Katalog der Angelegenheiten, in denen eine Vertretung erfolgen kann, orientiert sich dabei an den Entscheidungen und Maßnahmen, die in der Akutphase, für die die Regelung vorgesehen ist, regelmäßig anstehen werden. Er erfasst neben den nur der Gesundheitssorge dienenden Maßnahmen auch Rechtsgeschäfte, die im engen Zusammenhang mit der Gesundheitssorge stehen und häufig unmittelbar nach dem Beginn der Handlungsunfähigkeit geregelt werden müsse
  1. über Untersuchungen des Gesundheitszustandes, über Heilbehandlungen oder
    ärztliche Eingriffe zu entscheiden sowie ärztliche Aufklärungen entgegenzunehmen,

    Zu Nummer 1
    Zunächst von der Vertretungsbefugnis erfasst ist die Entscheidung über
    Untersuchungen des Gesundheitszustandes des vertretenen Ehegatten und die sich
    daraus ergebenden Heilbehandlungen oder ärztlichen Eingriffe. Das
    Vertretungsrecht legitimiert mithin zum einen die Einwilligung in diejenigen
    Untersuchungen und Behandlungen bzw. Eingriffe, die in unmittelbarem
    Zusammenhang mit der das Vertretungsrecht auslösenden Bewusstlosigkeit oder
    Erkrankung stehen, zum anderen aber auch in Behandlungen oder Eingriffe, die
    zwar nicht in direktem Zusammenhang mit der das Vertretungsrecht auslösenden
    Erkrankung stehen, die im Zuge der Behandlung jedoch erstmals diagnostiziert
    wurden und deren Behandlung aus medizinischer Sicht notwendig und
    unaufschiebbar ist.
    Darüber hinaus ist der vertretende Ehegatte berechtigt, alle im Zusammenhang mit
    den vorgenannten Untersuchungen, Heilbehandlungen oder Eingriffen notwendigen
    Aufklärungen entgegenzunehmen.
  2. Behandlungsverträge, Krankenhausverträge oder Verträge über eilige Maßnahmen der Rehabilitation und der Pflege abzuschließen und durchzusetzen,
    Zu Nummer 2
    Das Vertretungsrecht berechtigt den Ehegatten außerdem zum Abschluss von
    Behandlungs- und Krankenhausverträgen. Soweit die Behandlung nicht durch die
    gesetzliche Krankenversicherung ohne Vertragsabschluss abgedeckt ist, müssen
    entsprechende Verträge abgeschlossen werden. Dabei handelt es sich um
    Rechtsgeschäfte, die unmittelbar nach Eintritt der das Vertretungsrecht auslösenden
    Erkrankung bzw. Bewusstlosigkeit anstehen. Darüber hinaus ist vom
    Vertretungsrecht auch der Abschluss von Verträgen über eilige Maßnahmen der
    Rehabilitation und der Pflege erfasst. Je nach dem Krankheitsbild schließt sich an
    den wenige Tage oder Wochen dauernden Krankenhausaufenthalt unmittelbar eine
    unaufschiebbare Rehabilitationsmaßnahme an. Oft ist sofort nach der Entlassung
    aus der Klinik die Pflege des Erkrankten zu organisieren. Ist der Betroffene zu
    diesem Zeitpunkt noch nicht wieder in der Lage, diese Angelegenheiten rechtlich
    selbst zu regeln, ist es sinnvoll, dass der Ehegatte ihn auch in diesen
    Angelegenheiten vertreten kann. Erfasst sind allerdings nur eilige, das heißt
    unaufschiebbare, Maßnahmen der Rehabilitation und Pflege, die im zeitlichen
    Rahmen des Vertretungsrechts und im unmittelbaren kausalen Zusammenhang mit
    der anlassgebenden Erkrankung oder Bewusstlosigkeit getroffen werden müssen.

Nicht möglich sind dagegen vertragliche Bindungen mit einem Vertragsbeginn lange
nach dem Ende des Vertretungsrechts des Ehegatten.
Ergänzend hat der Ehegatte das Recht, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen,
um die von ihm geschlossenen Verträge gegenüber den Vertragspartnern auch
durchzusetzen. Er kann damit Mängel rügen und vereinbarte Leistungen auch
gerichtlich geltend machen.

  1. über Maßnahmen nach § 1831 Absatz 4 zu entscheiden, sofern die Dauer der
    Maßnahme im Einzelfall sechs Wochen nicht überschreitet, und

    Zu Nummer 3
    Des Weiteren ist der vertretende Ehegatte – wie ein Betreuer – berechtigt, im
    Rahmen des Vertretungsrechts nach § 1358 BGB-E über freiheitsentziehende
    Maßnahmen nach § 1831 Absatz 4 BGB-E zu entscheiden, allerdings nur, soweit
    die Dauer der Maßnahme im Einzelfall einen Zeitraum von sechs Wochen nicht
    überschreitet. § 1831 Absatz 4 BGB-E findet Anwendung, wenn einem Betreuten,
    der sich in einem Krankenhaus, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung
    aufhält, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf ähnliche Weise
    über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.
    Nach einem Unfall oder Schlaganfall können gerade in der ersten Zeit nach deren
    Auftreten zum Schutz des Patienten derartige Sicherungsmaßnahmen zum Teil
    über mehrere Tage oder auch regelmäßig erforderlich werden. Auch postoperative
    Delirzustände erfordern unter Umständen entsprechende Schutzmaßnahmen.
    Wegen ihrer hohen Eingriffsintensität sind diese Maßnahmen durch das
    Betreuungsgericht zu genehmigen (§ 1831 Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 2
    BGB-E). Durch den Verweis in Absatz 6 gilt dies auch im Fall des
    einwilligungsunfähigen Ehegatten. Das Gericht prüft damit unabhängig von der
    Bestellung eines Betreuers – wie bei Bevollmächtigten gemäß § 1831 Absatz 5
    BGB-E – die Rechtmäßigkeit der vom vertretenden Ehegatten getroffenen
    Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen. Zum Schutz des vertretenen
    Ehegatten enthält die Regelung darüber hinaus eine zeitliche Befristung. Im
    Gegensatz zu einem gerichtlich bestellten Betreuer oder einem Bevollmächtigten
    kann der nach § 1358 BGB-E vertretende Ehegatte nur bis zur Dauer von sechs
    Wochen über derartige Maßnahmen entscheiden. Mit dieser Einschränkung wird
    auch unterstrichen, dass es sich bei dem Ehegattenvertretungsrecht nur um eine
    Notvertretung handelt. Ist abzusehen, dass die freiheitsentziehenden Maßnahmen
    länger als sechs Wochen erforderlich sein werden, ist zeitnah die Bestellung eines
    Betreuers durch das Gericht einzuleiten.
  2. Ansprüche, die dem vertretenen Ehegatten aus Anlass der Erkrankung gegenüber
    Dritten zustehen, geltend zu machen und an die Leistungserbringer aus den
    Verträgen nach Nummer 2 abzutreten oder Zahlung an diese zu verlangen.

    Zu Nummer 4
    Schließlich ist der vertretende Ehegatte berechtigt, Ansprüche, die seinem
    Ehegatten aus Anlass der Erkrankung gegenüber Dritten zustehen, geltend zu
    machen. Dabei wird es sich vorrangig um Versicherungsleistungen oder
    Beihilfeansprüche handeln. Die Aufnahme dieser Ansprüche in den Katalog des
    Absatzes 1 ist sinnvoll, da gerade bei einem Krankenhausaufenthalt oder durch
    Rehabilitationsmaßnahmen und intensivpflegerische Maßnahmen binnen kurzer Zeit
    hohe Kosten entstehen, so dass eine zeitnahe Geltendmachung etwa von

Versicherungsleistungen angezeigt ist. Dem vertretenden Ehegatten steht allerdings
kein Inkassorecht hinsichtlich der geltend gemachten Leistungen zu. Er darf die
geltend gemachten Leistungen entweder an die Leistungserbringer aus dem
Krankenhausvertrag oder dem Vertrag über Rehabilitations- oder Pflegeleistungen
abtreten oder die Zahlung an den Leistungserbringer verlangen. Er darf keine
Zahlung an sich selbst verlangen. Damit wird einem Missbrauch des
Vertretungsrechts durch den Ehegatten vorgebeugt.
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 und hinsichtlich der dort
genannten Angelegenheiten sind behandelnde Ärzte gegenüber dem vertretenden
Ehegatten von ihrer Schweigepflicht entbunden. Dieser darf die entsprechenden
Krankenunterlagen einsehen und ihre Weitergabe an Dritte bewilligen.

Zu Absatz 2
Damit der vertretende Ehegatte die in Absatz 1 genannten Angelegenheiten
verantwortungsvoll wahrnehmen kann, ist es erforderlich, dass er von den
behandelnden Ärzten Informationen über den Gesundheitszustand seines
Ehegatten erlangt. Absatz 2 stellt daher klar, dass unter den Voraussetzungen
des Absatzes 1 und hinsichtlich der dort genannten Angelegenheiten die
behandelnden Ärzte gegenüber dem vertretenden Ehegatten von der
Schweigepflicht entbunden sind. Der vertretende Ehegatte ist auch berechtigt, die
in diesem Zusammenhang entstandenen Krankenunterlagen einzusehen und ihre
Weitergabe an Dritte zu bewilligen. Diese Weitergabe ist notwendig, damit auch
Dritte die notwendigen Informationen haben, um den vertretenen Ehegatten zu
behandeln.
(3) Die Berechtigungen nach den Absätzen 1 und 2 bestehen nicht, wenn
Zu Absatz 3
Absatz 3 regelt die Ausnahmen, in denen der Ehegatte nicht vertretungsberechtigt
ist.

  1. die Ehegatten getrennt leben,
    Zu Nummer 1
    Eine Vertretungsberechtigung besteht nicht, wenn die Ehegatten im Sinne von §
    1567 Absatz 1 BGB getrennt leben. Hierfür genügt nicht, dass zwischen den
    Eheleuten keine häusliche Gemeinschaft (mehr) besteht, etwa weil ein Ehegatte
    zwischenzeitlich im Heim lebt oder die Ehegatten aus beruflichen Gründen
    verschiedene Wohnorte haben. Hinzukommen muss ein Trennungswille, der
    voraussetzt, dass ein Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt und die
    häusliche Gemeinschaft erkennbar nicht mehr herstellen will. Unter diesen
    Voraussetzungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der erkrankte
    Ehegatte sich von dem anderen Ehegatten in Angelegenheiten der
    Gesundheitssorge vertreten lassen will.
  2. dem vertretenden Ehegatten oder dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass der
    vertretene Ehegatte

    Zu Nummer 2

Die Vertretungsberechtigung besteht weiterhin nicht, wenn dem vertretenden
Ehegatten oder dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass der vertretene Ehegatte
eine Vertretung ablehnt oder eine andere Person bevollmächtigt hat.
a) eine Vertretung durch ihn in den in Absatz 1 genannten Angelegenheiten
ablehnt oder

Zu Buchstabe a
Die Vertretungsberechtigung ist ausgeschlossen, wenn dem vertretenden
Ehegatten bekannt ist, dass der vertretene Ehegatte eine Vertretung durch ihn
in den in Absatz 1 genannten Angelegenheiten ablehnt. Die Motivation für eine
Ablehnung der Vertretung durch den Ehegatten ist dabei unerheblich. Sie mag
dem Schutz des vertretenden Ehegatten dienen, dem der vertretene Ehegatte
diese – zumeist emotional belastende – Aufgabe nicht zumuten will, sie kann
aber auch einem Misstrauen gegenüber dem eigenen Ehegatten entspringen,
von dem sich der Ehegatte innerlich bereits entfremdet hat, ohne dass es zu
einer Trennung im Sinne von Nummer 1 gekommen ist. Dasselbe gilt, wenn
dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass die Vertretung durch den Ehegatten
abgelehnt wird.
b) jemanden zur Wahrnehmung seiner Angelegenheiten bevollmächtigt hat, soweit
diese Vollmacht die in Absatz 1 bezeichneten Angelegenheiten umfasst,

Zu Buchstabe b
Die Vertretungsberechtigung ist auch ausgeschlossen, wenn dem vertretenden
Ehegatten oder behandelnden Arzt bekannt ist, dass der vertretene Ehegatte
einen Dritten mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten bevollmächtigt hat,
soweit diese Vollmacht auch die in Absatz 1 genannten Angelegenheiten der
Gesundheitssorge umfasst. Dabei kann es sich um eine klassische
Vorsorgevollmacht, aber auch um eine Generalvollmacht handeln, wobei die
Vollmacht alle in Absatz 1 genannten Angelegenheiten umfassen kann oder
auch nur einen Teil, beispielsweise die vermögensrechtlichen Angelegenheiten
in Nummer 2 und 4. In diesem Fall ist der vertretende Ehegatte in dem Umfang
von der Vertretung des Erkrankten in den Angelegenheiten des Absatzes 1
ausgeschlossen, in dem der Dritte über eine wirksame Vollmacht verfügt.
Entscheidend ist in beiden Fällen, dass der vertretende Ehegatte oder der
behandelnde Arzt Kenntnis von dem Ausschlussgrund hat. Eine Pflicht des
vertretenden Ehegatten, in dieser Akutsituation Ermittlungen anzustellen, ob
sein Ehegatte eine Vertretung durch ihn ablehnt oder einem Dritten eine
Vollmacht erteilt hat, wird hierdurch nicht bestimmt. Auch eine spezifische Prüf-
oder Nachforschungspflicht des behandelnden Arztes würde dem Sinn und
Zweck der Vorschrift, eine unkomplizierte Vertretungsberechtigung des
Ehegatten in einer Notsituation zu schaffen, zuwiderlaufen. Hat der Arzt jedoch
Kenntnis von einer Ablehnung des Vertretungsrechts durch den anderen
Ehegatten oder von einer Vorsorgevollmacht, hat er dies zu beachten und eine
Vertretung durch den Ehegatten abzulehnen. Es ist grundsätzlich Aufgabe
eines Ehegatten, wenn er eine Vertretung durch seinen Ehepartner nicht oder
nur teilweise wünscht, dies seinem Ehegatten mitzuteilen und ggf. zusätzlich
auf andere Weise sicherzustellen, dass sein Wille berücksichtigt wird.
Derzeit schon besteht die Möglichkeit, eine Vorsorgevollmacht im Zentralen
Vorsorgeregister eintragen zu lassen (§§ 78 Absatz 2 Nummer 1, 78a

Bundesnotarordnung – BNotO). Mit diesem Entwurf wird in Artikel 5 darüber
hinaus die Möglichkeit geschaffen, in dieses Register auch einen Widerspruch
gegen das Ehegattenvertretungsrecht nach § 1358 BGB-E eintragen zu lassen.
Ergänzend wird dem Arzt ein Einsichtsrecht in das Register eröffnet. Bisher ist
eine solche Einsicht nur dem Betreuungsgericht im Rahmen eines
Betreuungsverfahrens gestattet. Sollte der behandelnde Arzt Zweifel haben, ob
der Erkrankte von seinem Ehegatten vertreten werden möchte, oder
Anhaltspunkte bestehen, dass einem Dritten eine Vorsorgevollmacht erteilt
wurde, der Ehegatte aber auf dem Vertretungsrecht nach § 1358 BGB-E
bestehen, hat der Arzt künftig die Möglichkeit zu überprüfen, ob der Patient
entsprechende Eintragungen veranlasst hat. Vergleiche im Einzelnen hierzu die
Ausführungen zu den Artikeln 4 und 5.

  1. für den zu vertretenden Ehegatten ein Betreuer bestellt ist, soweit dessen
    Aufgabenkreis die in Absatz 1 bezeichneten Angelegenheiten umfasst, oder

    Zu Nummer 3
    Ausgeschlossen ist das Vertretungsrecht nach § 1358 BGB-E auch, soweit für den
    zu vertretenden Ehegatten ein Betreuer bestellt ist und dessen Aufgabenkreis die in
    Absatz 1 genannten Angelegenheiten der Gesundheitssorge ganz oder teilweise
    umfasst. Auch in diesem Fall ist kein Raum für eine Vertretung durch den
    Ehegatten, da im Rahmen einer bestehenden Betreuung bereits ein Vertreter
    vorhanden ist. Ist der vertretende Ehegatte zum Betreuer bestellt, handelt er nicht
    im Rahmen des § 1358 BGB-E, sondern als Betreuer. Deckt der Aufgabenkreis des
    Betreuers nur teilweise die in Absatz 1 beschriebenen Aufgaben ab, ist der Ehegatte
    nur von der Vertretung nach § 1358 BGB-E ausgeschlossen, soweit der
    Aufgabenkreis des Betreuers reicht. Im Gegensatz zu den Ausschlussgründen unter
    Nummer 2 wird hier auf den objektiven Tatbestand der Bestellung eines Betreuers
    abgestellt. Anders als die Ablehnung einer Vertretung durch den Ehegatten oder die
    Erteilung einer Vollmacht an einen Dritten kann die Bestellung eines Betreuers für
    einen Ehegatten dem anderen Ehegatten in der Praxis nicht verborgen bleiben,
    zumal der Ehegatte in dem Verfahren über die Bestellung eines Betreuers in der
    Regel als Beteiligter hinzugezogen wird (§ 274 Absatz 4 FamFG).
  2. mehr als drei Monate seit dem durch den Arzt nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1
    festgestellten Zeitpunkt vergangen sind.

    Zu Nummer 4
    Das Recht zur Vertretung des erkrankten Ehegatten nach § 1358 BGB-E ist zeitlich
    beschränkt. Es endet mit Ablauf von drei Monaten, nachdem der Arzt das Vorliegen
    der Voraussetzungen nach Absatz 1 festgestellt hat. Das Vertretungsrecht deckt
    damit den Zeitraum im Anschluss an die Akutversorgung nach einem Unfall oder
    einer schweren Erkrankung ab und orientiert sich in seiner Zielsetzung so an der
    vom Bundestag am 18. Mai 2017 (Bundesratsdrucksache 460/17) in der Fassung
    der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages
    (Bundestagsdrucksache 18/12427) angenommenen Regelung. Diese sah ein
    zeitlich zwar nicht befristetes Notvertretungsrecht der Ehegatten untereinander vor,
    das in der Praxis durch den eng begrenzten Vertretungsumfang jedoch zeitlich
    beschränkt sein sollte.
    Nach drei Monaten ist ein Patient häufig wieder in der Lage, seine Angelegenheiten
    rechtlich selbst zu besorgen oder zumindest für eine rechtsgeschäftliche Vertretung
    Sorge zu tragen. Ist der Patient zu diesem Zeitpunkt hierzu noch nicht in der Lage, handelt es sich nicht mehr um eine Notvertretung, vielmehr ist dann davon auszugehen, dass der Betroffene über einen längeren Zeitraum eines Vertreters bedarf. Vielfach wird dann auch der durch die Regelung vorgesehene Umfang des Vertretungsrechts nicht mehr ausreichen, jedenfalls dann, wenn dem Ehegatten keine Kontovollmacht eingeräumt wurde, und deshalb weitergehende Befugnisse erforderlich werden. Die zeitliche Beschränkung dient dem Schutz des vertretenen Ehegatten. Bei dem Ehegattenvertretungsrecht handelt es sich um ein gesetzliches Vertretungsrecht, bei dem der Vertreter – im Gegensatz zum Betreuer – keiner Überprüfung und fortlaufenden Kontrolle durch das Gericht unterliegt. Selbst in dem durch die Regelung vorgesehenen begrenzten Umfang des Vertretungsrechts ist nach mehr als drei Monaten eine Kontrolle der Tätigkeit des Vertreters durch eine unabhängige Instanz angezeigt, wenn der Patient seinen Vertreter nicht – wie beispielsweise bei einer Vorsorgevollmacht – bewusst mit der Aufgabe betraut hat, ihn imKrankheitsfall zu vertreten. Kann der Ehegatte im Laufe der drei Monate dagegen seine gesundheitlichen Angelegenheiten rechtlich wieder selbst regeln, greift in Bezug auf die behandelnden Ärzte § 630 a ff. BGB. Gegenüber sonstigen Dritten, denen gegenüber das Vertretungsrecht bereits ausgeübt wurde, hat der bisher Vertretene zum Schutz des Rechtsverkehrs deutlich zu machen, dass er sich wieder selbst vertreten will. (4) Der Arzt, gegenüber dem das Vertretungsrecht ausgeübt wird, hat Zu Absatz 4 Da das Vertretungsrecht von dem Ehegatten über drei Monate und gegenüber verschiedenen Ärzten und Einrichtungen ausgeübt werden kann, benötigt der vertretende Ehegatte hierfür einen Nachweis seiner Vertretungsberechtigung. Absatz 4 sieht daher vor, dass im Zusammenhang mit der erstmaligen Ausübung des Vertretungsrechts ein Dokument auszustellen ist, aus dem sich das Vorliegen der Voraussetzungen für das Vertretungsrecht und seine Dauer ergibt (Satz 1). Dieses Dokument ist dem vertretenden Ehegatten auszuhändigen (Satz 2).
  1. das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 und den Zeitpunkt, zu dem diese spätestens eingetreten sind, schriftlich zu bestätigen,
    Zu Nummer 1
    Hierzu hat der behandelnde Arzt zunächst das Vorliegen der Voraussetzungen des
    Absatzes 1, das heißt, dass der Patient aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer
    Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen
    kann, schriftlich zu bestätigen. Darüber hinaus hat er in dem Dokument den
    Zeitpunkt festzuhalten, zu dem die Erkrankung oder die Bewusstlosigkeit spätestens
    eingetreten sind. Bei der Beurteilung der Voraussetzungen des Absatzes 1 gelten
    die gleichen Kriterien wie bei der Beurteilung, ob eine Betreuung erforderlich ist. Bei
    der Festlegung des Zeitpunkts, zu dem die Voraussetzungen spätestens eingetreten
    sind, wird sich der Arzt auf die Angaben des vertretenden Ehegatten stützen. Sind
    keine genauen Angaben ermittelbar, wird sinnvollerweise der Zeitpunkt angegeben,
    zu dem der Patient in die Klinik eingeliefert bzw. dem Arzt vorgestellt wurde.
  2. dem vertretenden Ehegatten diese Bestätigung mit einer schriftlichen Erklärung
    über die Voraussetzungen nach Absatz 1 und Ausschlussgründe nach Absatz 3
    vorzulegen und

Zu Nummer 2
Nach der Feststellung der Voraussetzungen nach Absatz 1 und der Feststellung des
Zeitpunkts ihres Eintritts durch den Arzt ist der Ehegatte des Patienten, der das
Vertretungsrecht nach § 1358 BGB-E ausüben möchte, über die Ausschlussgründe
nach Absatz 3 zu informieren. Dies geschieht, indem ihm ein Dokument vorgelegt
wird, in dem neben der Bestätigung des Arztes die in der Regelung vorgesehenen
Ausschlussgründe für das Ehegattenvertretungsrecht nach Absatz 3 dargelegt sind.
Auf Wunsch sind diese dem Ehegatten von dem Arzt bzw. einem
Verwaltungsmitarbeiter der Klinik zu erläutern.

  1. sich von dem vertretenden Ehegatten schriftlich versichern zu lassen, dass
    Zu Nummer 3
    Abschließend hat der vertretende Ehegatte auf dem Dokument schriftlich zu
    versichern, dass das Ehegattenvertretungsrecht wegen der Bewusstlosigkeit oder
    Krankheit, aufgrund deren der Ehegatte seine Angelegenheiten der
    Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen kann, bisher nicht ausgeübt wurde
    (Buchstabe a) und kein Ausschlussgrund für das Vertretungsrecht vorliegt
    (Buchstabe b).
    a) das Ehegattenvertretungsrecht wegen der Bewusstlosigkeit oder Krankheit,
    aufgrund derer der Ehegatte seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge
    rechtlich nicht besorgen kann, bisher nicht ausgeübt wurde und

    Zu Buchstabe a
    Nach Buchstabe a) ist zunächst eine Bestätigung erforderlich, dass wegen der
    aktuellen Erkrankung das Ehegattenvertretungsrecht noch nicht ausgeübt
    wurde. Damit soll verhindert werden, dass der vertretende Ehegatte im Laufe
    einer länger andauernden oder chronischen Erkrankung seines Ehegatten, die
    dauerhaft oder periodisch dazu führt, dass dieser seine Angelegenheiten der
    Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen kann, immer wieder das
    Ehegattenvertretungsrecht in Anspruch nimmt. Durch eine solche Kette von
    einzelnen, durch verschiedene Ärzte ausgestellte Bescheinigungen nach
    Absatz 4 könnte das Vertretungsrecht nach § 1358 BGB-E über einen längeren
    Zeitraum ausgeübt werden und damit die Zielsetzung der Regelung und der mit
    der Befristung angestrebte Schutzgedanke konterkariert werden. Möglich ist
    dagegen die mehrfache Inanspruchnahme des Ehegattenvertretungsrechts
    wegen zeitlich unabhängig voneinander eingetretener Krankheiten bzw.
    Bewusstlosigkeit, beispielsweise eines schweren Unfalls und eines zu einem
    späteren Zeitpunkt erlittenen Schlaganfalls.
    b) kein Ausschlussgrund für das Vertretungsrecht vorliegt.
    Das Dokument ist dem vertretenden Ehegatten für die weitere Ausübung der
    Vertretungsberechtigung auszuhändigen.

Zu Buchstabe b
Die Bestätigung nach Nummer 3 Buchstabe b) umfasst die in Absatz 3 genannten
und in dem Dokument ausgeführten Ausschlussgründe, sie erfasst aber auch
sonstige allgemeine Ausschlussgründe, wie beispielsweise die Tatsache, dass der Ehegatte wegen Geschäftsunfähigkeit keine rechtsgeschäftliche Vertretung übernehmen kann.
(5) Das Vertretungsrecht nach Absatz 1 darf ab der Bestellung eines Betreuers,
dessen Aufgabenkreis die dort bezeichneten Angelegenheiten umfasst, nicht mehr ausgeübt werden.

Zu Absatz 5
Bestellt das Betreuungsgericht während der Geltungsdauer des Vertretungsrechts,
das von dem vertretenden Ehegatten ausgeübt wird, für den vertretenen Ehegatten
einen Betreuer, darf der vertretende Ehegatte ab diesem Zeitpunkt das
Vertretungsrecht nach Absatz 1 nicht mehr ausüben. Zu den Voraussetzungen für
die Bestellung eines Betreuers vergleiche die Ausführungen zu § 1814 BGB-E.
(6) § 1821 Absatz 2 bis 4, § 1827 Absatz 1 bis 3, § 1828 Absatz 1 und 2, § 1829
Absatz 1 bis 4 sowie § 1831 Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 2 gelten entsprechend.“

Zu Absatz 6
Durch die in Absatz 6 aufgenommenen Verweise auf die § 1821 Absatz 2 bis 4, §
1827 Absatz 1 bis 3, § 1828 Absatz 1 und 2, § 1829 Absatz 1 bis 4 sowie § 1831
Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 2 BGB-E wird der vertretende Ehegatte zum
Schutz seines erkrankten Ehegatten insoweit den gleichen Bindungen unterworfen
wie ein Vorsorgebevollmächtigter sowie ein gerichtlich bestellter Betreuer (letzteres
durch den Verweis auf § 1821 Absatz 2 bis 4 BGB-E).
§ 1821 Absatz 2 bis 4 BGB-E sieht vor, dass der Betreuer bei der Ausübung seines
Amtes die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen hat, wie es den
Wünschen des Betreuten entspricht (Absatz 2); er darf den Wünschen des
Betreuten jedoch nicht entsprechen, wenn dadurch die Person des Betreuten
erheblich gefährdet würde und der Betreute diese Gefahr nicht erkennen kann
(Absatz 3). Kann der Betreuer die Wünsche des Betreuten nicht feststellen oder darf
er ihnen nach Absatz 3 nicht entsprechen, hat er den mutmaßlichen Willen des
Betreuten aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind
insbesondere frühere Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und
sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten (Absatz 4). Diese Vorgaben
für den Umgang des Betreuers mit einem Betreuten finden auch Anwendung für die
Entscheidungen des vertretenden Ehegatten in den in Absatz 1 genannten
Angelegenheiten.
Der vertretende Ehegatte hat außerdem dem in einer wirksamen
Patientenverfügung niedergelegten Willen des Patienten Ausdruck und Geltung zu
verschaffen, wenn die Festlegungen in der Patientenverfügung auf die aktuelle
Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Liegt keine Patientenverfügung vor
oder treffen die Festlegungen darin nicht auf die aktuelle Lebens- und
Behandlungssituation zu, hat der vertretende Ehegatte die Behandlungswünsche
oder den mutmaßlichen Willen des vertretenen Ehegatten festzustellen und auf
dieser Grundlage zu entscheiden. Bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens hat
er insbesondere auch frühere Äußerungen, ethische und religiöse Überzeugungen
und sonstige Wertvorstellungen seines Partners zu berücksichtigen (§ 1827 Absatz
1 bis 3 BGB-E). Der behandelnde Arzt hat zuvor nach § 1828 BGB-E die
medizinisch indizierten Maßnahmen unter Berücksichtigung des Patientenwillens
mit dem Ehegatten zu erörtern.

§ 1829 Absatz 1 bis 4 BGB-E gibt vor, unter welchen Voraussetzungen die
Entscheidung eines Betreuers oder Vorsorgebevollmächtigten der Genehmigung
des Betreuungsgerichts bedarf. Auch diese Vorschrift findet zum Schutz des
vertretenen Ehegatten auf das Ehegattenvertretungsrecht entsprechende
Anwendung. Gleiches gilt für die Entscheidung des Ehegatten über
freiheitsentziehende Maßnahmen (§ 1831 Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 2
BGB-E).
Die Vertretungsmacht bezieht sich also nicht auf freiheitsentziehende
Unterbringungen nach § 1831 Absatz 1 BGB-E.
Für eine weitergehende Regelung zum Innenverhältnisses zwischen den Eheleuten
besteht kein Bedürfnis. In § 1353 Absatz 1 Satz 2 BGB ist das Innenverhältnis der
Ehegatten hinreichend geregelt.

  1. Die Überschrift des § 1436 wird wie folgt gefasst:

Zu Nummer 8

Mit der neuen Überschrift soll die übliche Terminologie des Gesetzes, wonach ein
Betreuer bestellt und nicht etwa eine Betreuung angeordnet wird, übernommen werden.

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Betreuungsbehörde – Öffentliche Beglaubigung (Neues Betreuungsgesetz)

Nach § 7 Betreuungsorganisationsgesetz gilt folgendes: Die Urkundsperson bei der Behörde
ist befugt, Unterschriften oder Handzeichen auf Betreuungsverfügungen und auf
Vollmachten, soweit sie von einer natürlichen Person erstellt wurden, öffentlich zu
beglaubigen. Die Wirkung der Beglaubigung endet bei einer Vollmacht mit dem Tod des
Vollmachtgebers. Wichtig ist, dass diese Klausel sich nicht nur auf Vorsorgevollmachten
bezieht, zumal der Begriff Vorsorgevollmacht gesetzlich gar nicht definiert ist, sondern alle
Vollmachten betrifft, die von natürlichen Personen erteilt werden. In den Gesetzesmaterialien
zu den Bestimmungen des Betreuungsorganisationsgesetzes wird ausgeführt, dass eine
Vollmacht im Grundbuchverfahren bisher nach § 6, Abs. 3 Betreuungsorganisationsgesetz
rechtmäßig, das bei der Betreuungsbehörde beglaubigt wurde, diese Voraussetzung erfüllt. Im
Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Beglaubigung prüft das Grundbuchamt inzident,
ob die öffentliche Beglaubigung durch die Betreuungsbehörde im Rahmen ihrer
Beglaubigungskompetenz erfolgt ist.
Prof. Dr. Volker Thieler
Rechtsanwalt

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Betreuung nach neuem Gesetz

§ 1814 BGB ist eine Zentralvorschrift des Betreuungsrecht. Sie legt dar, wann eine Betreuung
überhaupt angeordnet werden darf.

  1. (§ 1814 BGB wörtliches Zitat)
    Kann ein Volljähriger seine Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich nicht
    besorgen und beruht dies auf einer Krankheit oder Behinderung, so bestellt das
    Betreuungsgericht für ihn einen rechtlichen Betreuer.
  2. Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden.
  3. Betreuer darf nur bestellt werden, wenn dies erforderlich ist.

Ganz wichtig in der Bestimmung:
Die Bestellung eines Betreuers ist insbesondere nicht erforderlich, soweit die
Angelegenheiten des Volljährigen (§ 1814 Abs. 3 Nr. I) durch einen Bevollmächtigten
gleichermaßen besorgt werden können oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher
Vertreter bestellt wird, erledigt werden können. Insbesondere in solchen Situationen, die auf
sozialen Rechten oder anderen Vorschriften beruht.

Prof. Dr. Volker Thieler
Rechtsanwalt

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Betreuer – Zahl der Fälle

Leider hat das neue Gesetz die Zahl der Fälle, die ein Betreuer übernommen hat, nicht als
Entscheidungsfindung für weitere Betreuungsfälle, die übertragen werden sollten, genommen.
Es wird zwar in § 1816 darauf hingewiesen, dass bei der Entscheidung, ob ein bestimmter
beruflicher Betreuer bestellt wird, Anzahl und Umfang der bereits von diesem zu führenden
Betreuungen zu berücksichtigen ist. Die zahlmäßige Begrenzung ist in der Bestimmung nicht
enthalten. Die Mitteilungspflicht bezüglich der Zahlen der Betreuung und dem zeitlichen
Gesamtumfang und die Organisationsstruktur des Betreuers, der beauftrag werden soll, soll
über die Betreuungsbehörde erfolgen. In der Gesetzesbegründung wird darauf hingewiesen,
dass dann der Richter entscheiden kann, ob dann der Betreuer noch den Betreuungsfall
bekommt oder nicht. In der Praxis dürfte es sich hier um eine leere, nicht einzuhaltende
Gesetzesbestimmung handeln.

Prof. Dr. Volker Thieler
Rechtsanwalt

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Wohnungsaufgabe – gegen den Willen des Betreuten –neues Gesetz

Nach den neuen Paragraphen 1833 Abs. 2 BGB hat der Betreuer dem Betreuungsgericht
mitzuteilen, wie der Betreute zu der beabsichtigten Wohnungsaufgabe steht. Ich weise
ausdrücklich auf diese Pflicht hin, weil es wahrscheinlich sehr oft daran scheitern wird, dass
der Betreuer das Gericht hierüber nicht informiert. Die Sachbearbeiter, die derartige Fälle
bearbeiten sollten dies prüfen. Sollte der Betreute nicht mit der Wohnungsaufgabe, die der
Betreuer beabsichtigt, einverstanden sein, muss das Gericht durch den Rechtspfleger nach
§ 1862 Abs. 2 BGB n.F. gegebenenfalls den Betreuten persönlich anhören. Auch dieser
Hinweis ist ganz wichtig. Wenn das Gericht bei seiner Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass
der Betreuer nicht nach den gesetzlichen Vorgaben handelt und das Selbstbestimmungsrecht
nicht ausreichend beachtet, hat dies gem. § 1862 Abs. 3 BGB n.F. durch geeignete Verbote
einzuschreiten (so wörtlich Auskunft des Bundesjustizministeriums vom 24.05.2022).

Prof. Dr. jur. utr. Volker Thieler

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Betreuungsumfang – § 1815 BGB – Neues Gesetz

In § 1815 wird klargestellt, dass der Aufgabenbereich des Betreuers alle für den Betreuer zu
regelnden Aufgaben enthält. Wichtig ist, dass nicht wie in der Vergangenheit eine
Betreuerbestellung für alle Angelegenheiten möglich ist. Deswegen erfolgt in dieser
Gesetzesbestimmung, dass der Aufgabenkreis aus einem oder mehreren Aufgabenbereichen
bestehen kann, die vom Betreuungsgericht im einzelnen (!) anzuordnen sind. Wichtig ist auch,
dass in dieser Bestimmung darauf hingewiesen wird, dass die Betreuung nur dann angeordnet
werden kann, wenn die rechtliche Wahrnehmung durch einen Betreuer erforderlich ist.
Wichtig ist für den Laien auch darauf hinzuweisen, dass der Betreuer nur rechtlicher Betreuer
ist. In der Bestimmung wird auch geklärt, dass gewisse Aufgabenbereiche in dem
Betreuungsbeschluss genau angeordnet werden müssen und nicht automatisch bei Einrichtung
einer Betreuung von dem Betreuer erledigt werden.
Die Bestimmung des Umgangs des Betreuten (Eine ganz wichtige Regelung)
Die Entscheidung über Telekommunikation des Betreuten, einschließlich seiner
elektronischen Kommunikation
Die Entscheidung über die Entgegennahme und das Öffnen und das Anhalten der Post des
Betreuten.

Prof. Dr. Volker Thieler
Rechtsanwalt

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Betreuung nach neuem Gesetz

§ 1814 BGB ist eine Zentralvorschrift des Betreuungsrecht. Sie legt dar, wann eine Betreuung
überhaupt angeordnet werden darf.

  1. (§ 1814 BGB wörtliches Zitat)
    Kann ein Volljähriger seine Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich nicht
    besorgen und beruht dies auf einer Krankheit oder Behinderung, so bestellt das
    Betreuungsgericht für ihn einen rechtlichen Betreuer.
  2. Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden.
  3. Ein Betreuer darf nur bestellt werden, wenn dies erforderlich ist.

Ganz wichtig:
Die Bestellung eines Betreuers ist insbesondere nicht erforderlich, soweit die
Angelegenheiten des Volljährigen (§ 1814 Abs. 3 Nr. I) durch einen Bevollmächtigten
gleichermaßen besorgt werden können oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher
Vertreter bestellt wird, erledigt werden können.

Prof. Dr. Volker Thieler
Rechtsanwalt

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