Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge
Zu § 1358 (Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der
Gesundheitssorge)
Neu eingeführt wird mit dieser Vorschrift ein gegenseitiges Vertretungsrecht von
Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge. Nach § 21
Lebenspartnerschaftsgesetz gilt die Vorschrift auch für Lebenspartner. Entsprechend
den Vorgaben im Koalitionsvertrag, nach der es Ehepartnern ermöglicht werden soll,
im Betreuungsfall füreinander Entscheidungen über medizinische Behandlungen zu
treffen, sollen Ehegatten unter eng begrenzten Voraussetzungen berechtigt sein, den
anderen Ehegatten in bestimmten Angelegenheiten der Gesundheitssorge
vorübergehend vertreten zu können.
Zum besseren Verständnis enthält die Vorschrift eine Legaldefinition des vertretenen
Ehegatten und des vertretenden Ehegatten.
- Kann ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit seine
Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen (vertretener
Ehegatte), ist der andere Ehegatte (vertretender Ehegatte) berechtigt, für den zu
vertretenden Ehegatten
Zu Absatz 1
Absatz 1 regelt die Voraussetzungen des Vertretungsrechts durch den Ehegatten
und enthält in den Nummern 1 bis 4 einen abschließenden Katalog derjenigen
Angelegenheiten der Gesundheitssorge, in denen eine Vertretung erfolgen kann.
Das Vertretungsrecht des Ehegatten besteht nur und soweit der andere Ehegatte
aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit nicht in der Lage ist, die in der
Vorschrift genannten Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich zu besorgen.
Mit diesen Voraussetzungen orientiert sich die Regelung bewusst an den
Voraussetzungen der Bestellung eines Betreuers (§ 1814 Absatz 1 BGB-E). Diese
Parallele zum Betreuungsrecht entspricht der Zielsetzung der Regelung, die in den
hier betroffenen Anwendungsfällen bei Fehlen einer Vorsorgevollmacht oftmals
notwendige Anordnung einer vorläufigen Betreuung nach § 300 FamFG möglichst
zu vermeiden. Was die neben dem in Gesundheitsangelegenheiten
vorausgesetzten objektiven Betreuungsbedarf erforderliche subjektive
Betreuungsbedürftigkeit des Ehegatten angeht, so ist diese auf den
gesundheitlichen Zustand einer Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit begrenzt.
Damit wird deutlich, dass Anlass für das gesetzliche Vertretungsrecht von
Ehegatten eine akut eingetretene gesundheitliche Beeinträchtigung des Ehegatten
infolge eines Unfalls oder einer Erkrankung ist, die auch eine ärztliche
Akutversorgung notwendig macht.
Eine Pflicht, das Vertretungsrecht wahrzunehmen, besteht für den Ehegatten nicht.
Sieht sich ein Ehegatte von Beginn an oder im Laufe der Vertretungszeit nicht
(mehr) in der Lage, sich um die Angelegenheiten seines Ehepartners zu kümmern,
etwa weil er selbst auf Grund einer Erkrankung oder Behinderung in seiner
Handlungsfähigkeit beeinträchtigt oder weil er durch die Situation überfordert ist, teilt
er dies dem behandelnden Arzt mit. Dieser hat – soweit dies nicht bereits durch den
Ehegatten oder sonstige Angehörige des Patienten geschehen ist – beim
zuständigen Betreuungsgericht die Einleitung eines Betreuungsverfahrens
anzuregen. Gleiches gilt, wenn der Ehegatte tatsächlich an der Ausübung des
Vertretungsrechts gehindert ist, weil er sich beispielsweise länger im Ausland
aufhält und dort nicht erreichbar ist.
Der Katalog der Angelegenheiten, in denen eine Vertretung erfolgen kann, orientiert
sich dabei an den Entscheidungen und Maßnahmen, die in der Akutphase, für die
die Regelung vorgesehen ist, regelmäßig anstehen werden. Er erfasst neben den
nur der Gesundheitssorge dienenden Maßnahmen auch Rechtsgeschäfte, die im
engen Zusammenhang mit der Gesundheitssorge stehen und häufig unmittelbar
nach dem Beginn der Handlungsunfähigkeit geregelt werden müssen.
- über Untersuchungen des Gesundheitszustandes, über Heilbehandlungen oder
ärztliche Eingriffe zu entscheiden sowie ärztliche Aufklärungen entgegenzunehmen,
Zu Nummer 1
Zunächst von der Vertretungsbefugnis erfasst ist die Entscheidung über
Untersuchungen des Gesundheitszustandes des vertretenen Ehegatten und die sich
daraus ergebenden Heilbehandlungen oder ärztlichen Eingriffe. Das
Vertretungsrecht legitimiert mithin zum einen die Einwilligung in diejenigen
Untersuchungen und Behandlungen bzw. Eingriffe, die in unmittelbarem
Zusammenhang mit der das Vertretungsrecht auslösenden Bewusstlosigkeit oder
Erkrankung stehen, zum anderen aber auch in Behandlungen oder Eingriffe, die
zwar nicht in direktem Zusammenhang mit der das Vertretungsrecht auslösenden
Erkrankung stehen, die im Zuge der Behandlung jedoch erstmals diagnostiziert
wurden und deren Behandlung aus medizinischer Sicht notwendig und
unaufschiebbar ist.
Darüber hinaus ist der vertretende Ehegatte berechtigt, alle im Zusammenhang mit
den vorgenannten Untersuchungen, Heilbehandlungen oder Eingriffen notwendigen
Aufklärungen entgegenzunehmen. - Behandlungsverträge, Krankenhausverträge oder Verträge über eilige Maßnahmen
der Rehabilitation und der Pflege abzuschließen und durchzusetzen,
Zu Nummer 2
Das Vertretungsrecht berechtigt den Ehegatten außerdem zum Abschluss von
Behandlungs- und Krankenhausverträgen. Soweit die Behandlung nicht durch die
gesetzliche Krankenversicherung ohne Vertragsabschluss abgedeckt ist, müssen
entsprechende Verträge abgeschlossen werden. Dabei handelt es sich um
Rechtsgeschäfte, die unmittelbar nach Eintritt der das Vertretungsrecht auslösenden
Erkrankung bzw. Bewusstlosigkeit anstehen. Darüber hinaus ist vom
Vertretungsrecht auch der Abschluss von Verträgen über eilige Maßnahmen der
Rehabilitation und der Pflege erfasst. Je nach dem Krankheitsbild schließt sich an
den wenige Tage oder Wochen dauernden Krankenhausaufenthalt unmittelbar eine
unaufschiebbare Rehabilitationsmaßnahme an. Oft ist sofort nach der Entlassung
aus der Klinik die Pflege des Erkrankten zu organisieren. Ist der Betroffene zu
diesem Zeitpunkt noch nicht wieder in der Lage, diese Angelegenheiten rechtlich
selbst zu regeln, ist es sinnvoll, dass der Ehegatte ihn auch in diesen
Angelegenheiten vertreten kann. Erfasst sind allerdings nur eilige, das heißt
unaufschiebbare, Maßnahmen der Rehabilitation und Pflege, die im zeitlichen
Rahmen des Vertretungsrechts und im unmittelbaren kausalen Zusammenhang mit
der anlassgebenden Erkrankung oder Bewusstlosigkeit getroffen werden müssen.
Nicht möglich sind dagegen vertragliche Bindungen mit einem Vertragsbeginn lange
nach dem Ende des Vertretungsrechts des Ehegatten.
Ergänzend hat der Ehegatte das Recht, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen,
um die von ihm geschlossenen Verträge gegenüber den Vertragspartnern auch
durchzusetzen. Er kann damit Mängel rügen und vereinbarte Leistungen auch
gerichtlich geltend machen.
- über Maßnahmen nach § 1831 Absatz 4 zu entscheiden, sofern die Dauer der
Maßnahme im Einzelfall sechs Wochen nicht überschreitet, und
Zu Nummer 3
Des Weiteren ist der vertretende Ehegatte – wie ein Betreuer – berechtigt, im
Rahmen des Vertretungsrechts nach § 1358 BGB-E über freiheitsentziehende
Maßnahmen nach § 1831 Absatz 4 BGB-E zu entscheiden, allerdings nur, soweit
die Dauer der Maßnahme im Einzelfall einen Zeitraum von sechs Wochen nicht
überschreitet. § 1831 Absatz 4 BGB-E findet Anwendung, wenn einem Betreuten,
der sich in einem Krankenhaus, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung
aufhält, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf ähnliche Weise
über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.
Nach einem Unfall oder Schlaganfall können gerade in der ersten Zeit nach deren
Auftreten zum Schutz des Patienten derartige Sicherungsmaßnahmen zum Teil
über mehrere Tage oder auch regelmäßig erforderlich werden. Auch postoperative
Delirzustände erfordern unter Umständen entsprechende Schutzmaßnahmen.
Wegen ihrer hohen Eingriffsintensität sind diese Maßnahmen durch das
Betreuungsgericht zu genehmigen (§ 1831 Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 2
BGB-E). Durch den Verweis in Absatz 6 gilt dies auch im Fall des
einwilligungsunfähigen Ehegatten. Das Gericht prüft damit unabhängig von der
Bestellung eines Betreuers – wie bei Bevollmächtigten gemäß § 1831 Absatz 5
BGB-E – die Rechtmäßigkeit der vom vertretenden Ehegatten getroffenen
Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen. Zum Schutz des vertretenen
Ehegatten enthält die Regelung darüber hinaus eine zeitliche Befristung. Im
Gegensatz zu einem gerichtlich bestellten Betreuer oder einem Bevollmächtigten
kann der nach § 1358 BGB-E vertretende Ehegatte nur bis zur Dauer von sechs
Wochen über derartige Maßnahmen entscheiden. Mit dieser Einschränkung wird
auch unterstrichen, dass es sich bei dem Ehegattenvertretungsrecht nur um eine
Notvertretung handelt. Ist abzusehen, dass die freiheitsentziehenden Maßnahmen
länger als sechs Wochen erforderlich sein werden, ist zeitnah die Bestellung eines
Betreuers durch das Gericht einzuleiten. - Ansprüche, die dem vertretenen Ehegatten aus Anlass der Erkrankung gegenüber
Dritten zustehen, geltend zu machen und an die Leistungserbringer aus den
Verträgen nach Nummer 2 abzutreten oder Zahlung an diese zu verlangen.
Zu Nummer 4
Schließlich ist der vertretende Ehegatte berechtigt, Ansprüche, die seinem
Ehegatten aus Anlass der Erkrankung gegenüber Dritten zustehen, geltend zu
machen. Dabei wird es sich vorrangig um Versicherungsleistungen oder
Beihilfeansprüche handeln. Die Aufnahme dieser Ansprüche in den Katalog des
Absatzes 1 ist sinnvoll, da gerade bei einem Krankenhausaufenthalt oder durch
Rehabilitationsmaßnahmen und intensivpflegerische Maßnahmen binnen kurzer Zeit
hohe Kosten entstehen, so dass eine zeitnahe Geltendmachung etwa von
Versicherungsleistungen angezeigt ist. Dem vertretenden Ehegatten steht allerdings
kein Inkassorecht hinsichtlich der geltend gemachten Leistungen zu. Er darf die
geltend gemachten Leistungen entweder an die Leistungserbringer aus dem
Krankenhausvertrag oder dem Vertrag über Rehabilitations- oder Pflegeleistungen
abtreten oder die Zahlung an den Leistungserbringer verlangen. Er darf keine
Zahlung an sich selbst verlangen. Damit wird einem Missbrauch des
Vertretungsrechts durch den Ehegatten vorgebeugt.
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 und hinsichtlich der dort
genannten Angelegenheiten sind behandelnde Ärzte gegenüber dem vertretenden
Ehegatten von ihrer Schweigepflicht entbunden. Dieser darf die entsprechenden
Krankenunterlagen einsehen und ihre Weitergabe an Dritte bewilligen.
Zu Absatz 2
Damit der vertretende Ehegatte die in Absatz 1 genannten Angelegenheiten
verantwortungsvoll wahrnehmen kann, ist es erforderlich, dass er von den
behandelnden Ärzten Informationen über den Gesundheitszustand seines
Ehegatten erlangt. Absatz 2 stellt daher klar, dass unter den Voraussetzungen
des Absatzes 1 und hinsichtlich der dort genannten Angelegenheiten die
behandelnden Ärzte gegenüber dem vertretenden Ehegatten von der
Schweigepflicht entbunden sind. Der vertretende Ehegatte ist auch berechtigt, die
in diesem Zusammenhang entstandenen Krankenunterlagen einzusehen und ihre
Weitergabe an Dritte zu bewilligen. Diese Weitergabe ist notwendig, damit auch
Dritte die notwendigen Informationen haben, um den vertretenen Ehegatten zu
behandeln.
(3) Die Berechtigungen nach den Absätzen 1 und 2 bestehen nicht, wenn
Zu Absatz 3
Absatz 3 regelt die Ausnahmen, in denen der Ehegatte nicht vertretungsberechtigt
ist.
- die Ehegatten getrennt leben,
Zu Nummer 1
Eine Vertretungsberechtigung besteht nicht, wenn die Ehegatten im Sinne von §
1567 Absatz 1 BGB getrennt leben. Hierfür genügt nicht, dass zwischen den
Eheleuten keine häusliche Gemeinschaft (mehr) besteht, etwa weil ein Ehegatte
zwischenzeitlich im Heim lebt oder die Ehegatten aus beruflichen Gründen
verschiedene Wohnorte haben. Hinzukommen muss ein Trennungswille, der
voraussetzt, dass ein Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt und die
häusliche Gemeinschaft erkennbar nicht mehr herstellen will. Unter diesen
Voraussetzungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der erkrankte
Ehegatte sich von dem anderen Ehegatten in Angelegenheiten der
Gesundheitssorge vertreten lassen will. - dem vertretenden Ehegatten oder dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass der
vertretene Ehegatte
Zu Nummer 2
Die Vertretungsberechtigung besteht weiterhin nicht, wenn dem vertretenden
Ehegatten oder dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass der vertretene Ehegatte
eine Vertretung ablehnt oder eine andere Person bevollmächtigt hat.
a) eine Vertretung durch ihn in den in Absatz 1 genannten Angelegenheiten
ablehnt oder
Zu Buchstabe a
Die Vertretungsberechtigung ist ausgeschlossen, wenn dem vertretenden
Ehegatten bekannt ist, dass der vertretene Ehegatte eine Vertretung durch ihn
in den in Absatz 1 genannten Angelegenheiten ablehnt. Die Motivation für eine
Ablehnung der Vertretung durch den Ehegatten ist dabei unerheblich. Sie mag
dem Schutz des vertretenden Ehegatten dienen, dem der vertretene Ehegatte
diese – zumeist emotional belastende – Aufgabe nicht zumuten will, sie kann
aber auch einem Misstrauen gegenüber dem eigenen Ehegatten entspringen,
von dem sich der Ehegatte innerlich bereits entfremdet hat, ohne dass es zu
einer Trennung im Sinne von Nummer 1 gekommen ist. Dasselbe gilt, wenn
dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass die Vertretung durch den Ehegatten
abgelehnt wird.
b) jemanden zur Wahrnehmung seiner Angelegenheiten bevollmächtigt hat, soweit
diese Vollmacht die in Absatz 1 bezeichneten Angelegenheiten umfasst,
Zu Buchstabe b
Die Vertretungsberechtigung ist auch ausgeschlossen, wenn dem vertretenden
Ehegatten oder behandelnden Arzt bekannt ist, dass der vertretene Ehegatte
einen Dritten mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten bevollmächtigt hat,
soweit diese Vollmacht auch die in Absatz 1 genannten Angelegenheiten der
Gesundheitssorge umfasst. Dabei kann es sich um eine klassische
Vorsorgevollmacht, aber auch um eine Generalvollmacht handeln, wobei die
Vollmacht alle in Absatz 1 genannten Angelegenheiten umfassen kann oder
auch nur einen Teil, beispielsweise die vermögensrechtlichen Angelegenheiten
in Nummer 2 und 4. In diesem Fall ist der vertretende Ehegatte in dem Umfang
von der Vertretung des Erkrankten in den Angelegenheiten des Absatzes 1
ausgeschlossen, in dem der Dritte über eine wirksame Vollmacht verfügt.
Entscheidend ist in beiden Fällen, dass der vertretende Ehegatte oder der
behandelnde Arzt Kenntnis von dem Ausschlussgrund hat. Eine Pflicht des
vertretenden Ehegatten, in dieser Akutsituation Ermittlungen anzustellen, ob
sein Ehegatte eine Vertretung durch ihn ablehnt oder einem Dritten eine
Vollmacht erteilt hat, wird hierdurch nicht bestimmt. Auch eine spezifische Prüf-
oder Nachforschungspflicht des behandelnden Arztes würde dem Sinn und
Zweck der Vorschrift, eine unkomplizierte Vertretungsberechtigung des
Ehegatten in einer Notsituation zu schaffen, zuwiderlaufen. Hat der Arzt jedoch
Kenntnis von einer Ablehnung des Vertretungsrechts durch den anderen
Ehegatten oder von einer Vorsorgevollmacht, hat er dies zu beachten und eine
Vertretung durch den Ehegatten abzulehnen. Es ist grundsätzlich Aufgabe
eines Ehegatten, wenn er eine Vertretung durch seinen Ehepartner nicht oder
nur teilweise wünscht, dies seinem Ehegatten mitzuteilen und ggf. zusätzlich
auf andere Weise sicherzustellen, dass sein Wille berücksichtigt wird.
Derzeit schon besteht die Möglichkeit, eine Vorsorgevollmacht im Zentralen
Vorsorgeregister eintragen zu lassen (§§ 78 Absatz 2 Nummer 1, 78a
Bundesnotarordnung – BNotO). Mit diesem Entwurf wird in Artikel 5 darüber
hinaus die Möglichkeit geschaffen, in dieses Register auch einen Widerspruch
gegen das Ehegattenvertretungsrecht nach § 1358 BGB-E eintragen zu lassen.
Ergänzend wird dem Arzt ein Einsichtsrecht in das Register eröffnet. Bisher ist
eine solche Einsicht nur dem Betreuungsgericht im Rahmen eines
Betreuungsverfahrens gestattet. Sollte der behandelnde Arzt Zweifel haben, ob
der Erkrankte von seinem Ehegatten vertreten werden möchte, oder
Anhaltspunkte bestehen, dass einem Dritten eine Vorsorgevollmacht erteilt
wurde, der Ehegatte aber auf dem Vertretungsrecht nach § 1358 BGB-E
bestehen, hat der Arzt künftig die Möglichkeit zu überprüfen, ob der Patient
entsprechende Eintragungen veranlasst hat. Vergleiche im Einzelnen hierzu die
Ausführungen zu den Artikeln 4 und 5.
- für den zu vertretenden Ehegatten ein Betreuer bestellt ist, soweit dessen
Aufgabenkreis die in Absatz 1 bezeichneten Angelegenheiten umfasst, oder
Zu Nummer 3
Ausgeschlossen ist das Vertretungsrecht nach § 1358 BGB-E auch, soweit für den
zu vertretenden Ehegatten ein Betreuer bestellt ist und dessen Aufgabenkreis die in
Absatz 1 genannten Angelegenheiten der Gesundheitssorge ganz oder teilweise
umfasst. Auch in diesem Fall ist kein Raum für eine Vertretung durch den
Ehegatten, da im Rahmen einer bestehenden Betreuung bereits ein Vertreter
vorhanden ist. Ist der vertretende Ehegatte zum Betreuer bestellt, handelt er nicht
im Rahmen des § 1358 BGB-E, sondern als Betreuer. Deckt der Aufgabenkreis des
Betreuers nur teilweise die in Absatz 1 beschriebenen Aufgaben ab, ist der Ehegatte
nur von der Vertretung nach § 1358 BGB-E ausgeschlossen, soweit der
Aufgabenkreis des Betreuers reicht. Im Gegensatz zu den Ausschlussgründen unter
Nummer 2 wird hier auf den objektiven Tatbestand der Bestellung eines Betreuers
abgestellt. Anders als die Ablehnung einer Vertretung durch den Ehegatten oder die
Erteilung einer Vollmacht an einen Dritten kann die Bestellung eines Betreuers für
einen Ehegatten dem anderen Ehegatten in der Praxis nicht verborgen bleiben,
zumal der Ehegatte in dem Verfahren über die Bestellung eines Betreuers in der
Regel als Beteiligter hinzugezogen wird (§ 274 Absatz 4 FamFG). - mehr als drei Monate seit dem durch den Arzt nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1
festgestellten Zeitpunkt vergangen sind.
Zu Nummer 4
Das Recht zur Vertretung des erkrankten Ehegatten nach § 1358 BGB-E ist zeitlich
beschränkt. Es endet mit Ablauf von drei Monaten, nachdem der Arzt das Vorliegen
der Voraussetzungen nach Absatz 1 festgestellt hat. Das Vertretungsrecht deckt
damit den Zeitraum im Anschluss an die Akutversorgung nach einem Unfall oder
einer schweren Erkrankung ab und orientiert sich in seiner Zielsetzung so an der
vom Bundestag am 18. Mai 2017 (Bundesratsdrucksache 460/17) in der Fassung
der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages
(Bundestagsdrucksache 18/12427) angenommenen Regelung. Diese sah ein
zeitlich zwar nicht befristetes Notvertretungsrecht der Ehegatten untereinander vor,
das in der Praxis durch den eng begrenzten Vertretungsumfang jedoch zeitlich
beschränkt sein sollte.
Nach drei Monaten ist ein Patient häufig wieder in der Lage, seine Angelegenheiten
rechtlich selbst zu besorgen oder zumindest für eine rechtsgeschäftliche Vertretung
Sorge zu tragen. Ist der Patient zu diesem Zeitpunkt hierzu noch nicht in der Lage,
handelt es sich nicht mehr um eine Notvertretung, vielmehr ist dann davon
auszugehen, dass der Betroffene über einen längeren Zeitraum eines Vertreters
bedarf. Vielfach wird dann auch der durch die Regelung vorgesehene Umfang des
Vertretungsrechts nicht mehr ausreichen, jedenfalls dann, wenn dem Ehegatten
keine Kontovollmacht eingeräumt wurde, und deshalb weitergehende Befugnisse
erforderlich werden.
Die zeitliche Beschränkung dient dem Schutz des vertretenen Ehegatten. Bei dem
Ehegattenvertretungsrecht handelt es sich um ein gesetzliches Vertretungsrecht, bei
dem der Vertreter – im Gegensatz zum Betreuer – keiner Überprüfung und
fortlaufenden Kontrolle durch das Gericht unterliegt. Selbst in dem durch die
Regelung vorgesehenen begrenzten Umfang des Vertretungsrechts ist nach mehr
als drei Monaten eine Kontrolle der Tätigkeit des Vertreters durch eine unabhängige
Instanz angezeigt, wenn der Patient seinen Vertreter nicht – wie beispielsweise bei
einer Vorsorgevollmacht – bewusst mit der Aufgabe betraut hat, ihn im
Krankheitsfall zu vertreten.
Kann der Ehegatte im Laufe der drei Monate dagegen seine gesundheitlichen
Angelegenheiten rechtlich wieder selbst regeln, greift in Bezug auf die
behandelnden Ärzte § 630 a ff. BGB. Gegenüber sonstigen Dritten, denen
gegenüber das Vertretungsrecht bereits ausgeübt wurde, hat der bisher Vertretene
zum Schutz des Rechtsverkehrs deutlich zu machen, dass er sich wieder selbst
vertreten will.
(4) Der Arzt, gegenüber dem das Vertretungsrecht ausgeübt wird, hat
Zu Absatz 4
Da das Vertretungsrecht von dem Ehegatten über drei Monate und gegenüber
verschiedenen Ärzten und Einrichtungen ausgeübt werden kann, benötigt der
vertretende Ehegatte hierfür einen Nachweis seiner Vertretungsberechtigung. Absatz
4 sieht daher vor, dass im Zusammenhang mit der erstmaligen Ausübung des
Vertretungsrechts ein Dokument auszustellen ist, aus dem sich das Vorliegen der
Voraussetzungen für das Vertretungsrecht und seine Dauer ergibt (Satz 1). Dieses
Dokument ist dem vertretenden Ehegatten auszuhändigen (Satz 2).
- das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 und den Zeitpunkt, zu dem diese
spätestens eingetreten sind, schriftlich zu bestätigen,
Zu Nummer 1
Hierzu hat der behandelnde Arzt zunächst das Vorliegen der Voraussetzungen des
Absatzes 1, das heißt, dass der Patient aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer
Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen
kann, schriftlich zu bestätigen. Darüber hinaus hat er in dem Dokument den
Zeitpunkt festzuhalten, zu dem die Erkrankung oder die Bewusstlosigkeit spätestens
eingetreten sind. Bei der Beurteilung der Voraussetzungen des Absatzes 1 gelten
die gleichen Kriterien wie bei der Beurteilung, ob eine Betreuung erforderlich ist. Bei
der Festlegung des Zeitpunkts, zu dem die Voraussetzungen spätestens eingetreten
sind, wird sich der Arzt auf die Angaben des vertretenden Ehegatten stützen. Sind
keine genauen Angaben ermittelbar, wird sinnvollerweise der Zeitpunkt angegeben,
zu dem der Patient in die Klinik eingeliefert bzw. dem Arzt vorgestellt wurde. - dem vertretenden Ehegatten diese Bestätigung mit einer schriftlichen Erklärung
über die Voraussetzungen nach Absatz 1 und Ausschlussgründe nach Absatz 3
vorzulegen und
Zu Nummer 2
Nach der Feststellung der Voraussetzungen nach Absatz 1 und der Feststellung des
Zeitpunkts ihres Eintritts durch den Arzt ist der Ehegatte des Patienten, der das
Vertretungsrecht nach § 1358 BGB-E ausüben möchte, über die Ausschlussgründe
nach Absatz 3 zu informieren. Dies geschieht, indem ihm ein Dokument vorgelegt
wird, in dem neben der Bestätigung des Arztes die in der Regelung vorgesehenen
Ausschlussgründe für das Ehegattenvertretungsrecht nach Absatz 3 dargelegt sind.
Auf Wunsch sind diese dem Ehegatten von dem Arzt bzw. einem
Verwaltungsmitarbeiter der Klinik zu erläutern.
- sich von dem vertretenden Ehegatten schriftlich versichern zu lassen, dass
Zu Nummer 3
Abschließend hat der vertretende Ehegatte auf dem Dokument schriftlich zu
versichern, dass das Ehegattenvertretungsrecht wegen der Bewusstlosigkeit oder
Krankheit, aufgrund deren der Ehegatte seine Angelegenheiten der
Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen kann, bisher nicht ausgeübt wurde
(Buchstabe a) und kein Ausschlussgrund für das Vertretungsrecht vorliegt
(Buchstabe b).
a) das Ehegattenvertretungsrecht wegen der Bewusstlosigkeit oder Krankheit,
aufgrund derer der Ehegatte seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge
rechtlich nicht besorgen kann, bisher nicht ausgeübt wurde und
Zu Buchstabe a
Nach Buchstabe a) ist zunächst eine Bestätigung erforderlich, dass wegen der
aktuellen Erkrankung das Ehegattenvertretungsrecht noch nicht ausgeübt
wurde. Damit soll verhindert werden, dass der vertretende Ehegatte im Laufe
einer länger andauernden oder chronischen Erkrankung seines Ehegatten, die
dauerhaft oder periodisch dazu führt, dass dieser seine Angelegenheiten der
Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen kann, immer wieder das
Ehegattenvertretungsrecht in Anspruch nimmt. Durch eine solche Kette von
einzelnen, durch verschiedene Ärzte ausgestellte Bescheinigungen nach
Absatz 4 könnte das Vertretungsrecht nach § 1358 BGB-E über einen längeren
Zeitraum ausgeübt werden und damit die Zielsetzung der Regelung und der mit
der Befristung angestrebte Schutzgedanke konterkariert werden. Möglich ist
dagegen die mehrfache Inanspruchnahme des Ehegattenvertretungsrechts
wegen zeitlich unabhängig voneinander eingetretener Krankheiten bzw.
Bewusstlosigkeit, beispielsweise eines schweren Unfalls und eines zu einem
späteren Zeitpunkt erlittenen Schlaganfalls.
b) kein Ausschlussgrund für das Vertretungsrecht vorliegt.
Das Dokument ist dem vertretenden Ehegatten für die weitere Ausübung der
Vertretungsberechtigung auszuhändigen.
Zu Buchstabe b
Die Bestätigung nach Nummer 3 Buchstabe b) umfasst die in Absatz 3 genannten
und in dem Dokument ausgeführten Ausschlussgründe, sie erfasst aber auch
sonstige allgemeine Ausschlussgründe, wie beispielsweise die Tatsache, dass der
Ehegatte wegen Geschäftsunfähigkeit keine rechtsgeschäftliche Vertretung
übernehmen kann.
(5) Das Vertretungsrecht nach Absatz 1 darf ab der Bestellung eines Betreuers,
dessen Aufgabenkreis die dort bezeichneten Angelegenheiten umfasst, nicht mehr
ausgeübt werden.
Zu Absatz 5
Bestellt das Betreuungsgericht während der Geltungsdauer des Vertretungsrechts,
das von dem vertretenden Ehegatten ausgeübt wird, für den vertretenen Ehegatten
einen Betreuer, darf der vertretende Ehegatte ab diesem Zeitpunkt das
Vertretungsrecht nach Absatz 1 nicht mehr ausüben. Zu den Voraussetzungen für
die Bestellung eines Betreuers vergleiche die Ausführungen zu § 1814 BGB-E.
(6) § 1821 Absatz 2 bis 4, § 1827 Absatz 1 bis 3, § 1828 Absatz 1 und 2, § 1829
Absatz 1 bis 4 sowie § 1831 Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 2 gelten entsprechend.“
Zu Absatz 6
Durch die in Absatz 6 aufgenommenen Verweise auf die § 1821 Absatz 2 bis 4, §
1827 Absatz 1 bis 3, § 1828 Absatz 1 und 2, § 1829 Absatz 1 bis 4 sowie § 1831
Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 2 BGB-E wird der vertretende Ehegatte zum
Schutz seines erkrankten Ehegatten insoweit den gleichen Bindungen unterworfen
wie ein Vorsorgebevollmächtigter sowie ein gerichtlich bestellter Betreuer (letzteres
durch den Verweis auf § 1821 Absatz 2 bis 4 BGB-E).
§ 1821 Absatz 2 bis 4 BGB-E sieht vor, dass der Betreuer bei der Ausübung seines
Amtes die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen hat, wie es den
Wünschen des Betreuten entspricht (Absatz 2); er darf den Wünschen des
Betreuten jedoch nicht entsprechen, wenn dadurch die Person des Betreuten
erheblich gefährdet würde und der Betreute diese Gefahr nicht erkennen kann
(Absatz 3). Kann der Betreuer die Wünsche des Betreuten nicht feststellen oder darf
er ihnen nach Absatz 3 nicht entsprechen, hat er den mutmaßlichen Willen des
Betreuten aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind
insbesondere frühere Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und
sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten (Absatz 4). Diese Vorgaben
für den Umgang des Betreuers mit einem Betreuten finden auch Anwendung für die
Entscheidungen des vertretenden Ehegatten in den in Absatz 1 genannten
Angelegenheiten.
Der vertretende Ehegatte hat außerdem dem in einer wirksamen
Patientenverfügung niedergelegten Willen des Patienten Ausdruck und Geltung zu
verschaffen, wenn die Festlegungen in der Patientenverfügung auf die aktuelle
Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Liegt keine Patientenverfügung vor
oder treffen die Festlegungen darin nicht auf die aktuelle Lebens- und
Behandlungssituation zu, hat der vertretende Ehegatte die Behandlungswünsche
oder den mutmaßlichen Willen des vertretenen Ehegatten festzustellen und auf
dieser Grundlage zu entscheiden. Bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens hat
er insbesondere auch frühere Äußerungen, ethische und religiöse Überzeugungen
und sonstige Wertvorstellungen seines Partners zu berücksichtigen (§ 1827 Absatz
1 bis 3 BGB-E). Der behandelnde Arzt hat zuvor nach § 1828 BGB-E die
medizinisch indizierten Maßnahmen unter Berücksichtigung des Patientenwillens
mit dem Ehegatten zu erörtern.
§ 1829 Absatz 1 bis 4 BGB-E gibt vor, unter welchen Voraussetzungen die
Entscheidung eines Betreuers oder Vorsorgebevollmächtigten der Genehmigung
des Betreuungsgerichts bedarf. Auch diese Vorschrift findet zum Schutz des
vertretenen Ehegatten auf das Ehegattenvertretungsrecht entsprechende
Anwendung. Gleiches gilt für die Entscheidung des Ehegatten über
freiheitsentziehende Maßnahmen (§ 1831 Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 2
BGB-E).
Die Vertretungsmacht bezieht sich also nicht auf freiheitsentziehende
Unterbringungen nach § 1831 Absatz 1 BGB-E.
Für eine weitergehende Regelung zum Innenverhältnisses zwischen den Eheleuten
besteht kein Bedürfnis. In § 1353 Absatz 1 Satz 2 BGB ist das Innenverhältnis der
Ehegatten hinreichend geregelt.
- Die Überschrift des § 1436 wird wie folgt gefasst:
Zu Nummer 8
Mit der neuen Überschrift soll die übliche Terminologie des Gesetzes, wonach ein
Betreuer bestellt und nicht etwa eine Betreuung angeordnet wird, übernommen werden.