§ 1816, Abs. 5
(5) Ein beruflicher Betreuer nach § 19 Absatz 2 des Betreuungsorganisationsgesetzes soll nur
dann zum Betreuer bestellt werden, wenn keine geeignete Person für die ehrenamtliche
Führung der Betreuung zur Verfügung steht. Bei der Entscheidung, ob ein bestimmter
beruflicher Betreuer bestellt wird, sind die Anzahl und der Umfang der bereits von diesem zu
führenden Betreuungen zu berücksichtigen.
Die Bestimmung hat 3 Teile.
- Erläuterung des Begriffs „Berufliche Betreuer“
Soweit in Satz 1 der berufliche Betreuer genannt ist, ist dieser in § 19 Absatz 2 BtOG-
E definiert. Unter diesen Begriff fallen sowohl selbständig tätige Betreuer als auch
Mitarbeiter eines anerkannten Betreuungsvereins, die rechtliche Betreuungen führen,
also die sogenannten Vereinsbetreuer. Der Grund für diese Vorrangregelung liegt in
dem oben skizzierten gesetzgeberischen Leitbild des Vorrangs der ehrenamtlichen
Betreuung, aber auch darin, dass berufliche Betreuer für ihre Betreuertätigkeit eine
Vergütung verlangen können, während ehrenamtliche Betreuer die Betreuung
grundsätzlich unentgeltlich führen. - In dem zweiten Teil dieser Bestimmung wird nunmehr klargestellt, dass der Vorrang
der ehrenamtlichen Betreuung auch dann gilt, wenn der Volljährige ausdrücklich die
Bestellung eines beruflichen Betreuers wünscht. Auch durch einen positiven Vorschlag
des Betroffenen kann das gesetzlich vorgegebene Rangverhältnis zwischen den
einzelnen Betreuertypen grundsätzlich nicht überwunden werden. Eine Ausnahme soll
auch dann nicht gelten, wenn ein bemittelter Betroffener sich einen beruflichen
Betreuer wünscht. Dabei ist es unerheblich, ob der Betroffene noch geschäftsfähig ist
oder nicht. Es erscheint unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten geboten, die Frage
der Berücksichtigung von Wünschen des Volljährigen generell nicht von seinen
finanziellen Verhältnissen abhängig zu machen, da dies eine erhebliche, nicht zu
rechtfertigende Schlechterstellung der mittellosen Betroffenen zur Folge hätte, die die
große Mehrheit der Betreuten ausmachen. - Hier ist eine ganz wichtige Bestimmung enthalten, nämlich, dass bei Auswahl des
Betreuers auch Anzahl und Umfang, der von diesem Betreuer bereits zu führenden
Betreuungen, zu berücksichtigen ist.
Eine generelle zahlenmäßige Begrenzung der von einem beruflichen Betreuer zu
führenden Betreuungen durch den Gesetzgeber, erscheint hingegen nicht sinnvoll.
Denn die Zahl der rechtlichen Betreuungen, die ein Betreuer ohne Qualitätseinbußen
führen kann, hängt stark vom Einzelfall ab. Der Einzelfall wird zum einen vom
Aufwand der jeweils geführten Betreuungen bestimmt, zum anderen auch von der
Organisation des Betreuers. So kann ein selbständiger Berufsbetreuer, der über
Mitarbeiter verfügt, generell mehr Betreuungen führen als ein Berufsbetreuer ohne
Mitarbeiter. Denn den Mitarbeitern können in angemessenem Umfang Aufgaben
außerhalb der persönlichen Betreuung übertragen werden, so z.B. die Buchhaltung als
Vorarbeit für die jährliche Rechnungslegung. Entsprechend können Vereinsbetreuer in
anerkannten Betreuungsvereinen mit Mitarbeitern, die selbst keine Betreuungen
führen, eine höhere Anzahl von Betreuungen führen als Vereinsbetreuer in Vereinen
ohne solche Mitarbeiter.
Bei der Auswahl des Betreuers hat das Gericht diese Informationen zu
berücksichtigen. Es hat daher jeweils im Einzelfall zu entscheiden, ob der Betreuer
bereits so viele andere Betreuungen führt, dass er bereits aus Zeitgründen nicht in der
Lage ist, den für die persönliche Betreuung erforderlichen Kontakt zum Betroffenen
zu halten oder sich in geeigneter Weise um die Wahrnehmung der Angelegenheiten
des Betreuten zu kümmern.
Damit wird dem Gericht der notwendige Spielraum eingeräumt, für den einzelnen
Menschen, der einer Betreuung bedarf, auch den aufgrund seiner persönlichen
Voraussetzungen am besten geeigneten Betreuer zu finden. Eine pauschale
Beschränkung der Fallzahlen, deren Höhe angesichts der dargelegten Vielgestaltigkeit
der Anwendungsfälle zudem kaum seriös bestimmt werden kann, würde den
Entscheidungsspielraum des Betreuungsgerichts im Einzelfall zu sehr einschränken
und es erschweren, die für den konkreten Fall am besten geeignete Lösung zu finden.
(Amtliche Begründung)