Ehegattenvertretungsrecht – neues Betreuungsgesetz

Über diese neue Bestimmung, die in das Betreuungsgesetz eingeführt wird, kann man
wirklich nur staunen.
Für den Laien ist es nicht erkennbar, dass die Bestimmung für den Ehegatten nur unter engen
begrenzten Voraussetzungen gelten soll. Voraussetzung dafür, dass ein Ehepartner aufgrund
der neuen Klausel handeln kann, ist, dass eine ärztliche Akutversorgung aufgrund des
Zustandes des Ehepartners plötzlich notwendig wird. Deswegen ist der Erlaubnisbereich auf
die subjektive Betreuungsbedürftigkeit des Ehegatten, den Zustand einer Bewusstlosigkeit
oder einer Krankheit begrenzt.
Zur Klarstellung für Eheleute, die die derartigen Klauseln nicht verstehen ist darauf
hinzuweisen, dass der Ehepartner die Vertretung nicht übernehmen muss! Es handelt sich
nicht um eine gesetzliche Zwangsvertretung, die aufgrund der Eheschließung oder
Partnerschaft erfolgt, sondern um eine Möglichkeit, die der Ehepartner oder Partner aus der
Partnerschaft wahrnehmen kann. Fühlt er sich hierzu überfordert, braucht er sich die
entsprechende Bestätigung des Arztes nicht ausstellen lassen. Es ist auch darauf hinzuweisen,
dass wenn eine Überforderung während der Situation, also während der drei Monate der
Krankheit eintritt, dass er dann dies den behandelnden Arzt mitteilen muss. Für den Arzt
besteht nämlich nun die Verpflichtung, soweit die Angehörigen oder soweit nicht der
Ehegatte, der nicht mehr konnte, dies nicht schon dem Betreuungsgericht mitgeteilt hat, dies
dem Betreuungsgericht mitzuteilen. Nämlich, dass eine Lücke der Betreuung vorliegt und
dass das Betreuungsverfahren sofort eingeleitet werden muss.
Zeigen sich während der Einleitung der Notmaßnahmen die Notwendigkeit von
Behandlungen oder Eingriffen, die zwar nicht im direkten Zusammenhang mit der das
Vertreten zu dem Vertretungsrecht auslösenden Erkrankung stehen, die im Zuge der
Behandlung jedoch erstmal diagnostiziert wurden und deren Behandlung aus medizinischer
Sicht notwendig und unaufschiebbar ist, dann ist die Vollmacht auch nach dem
Gesetzesmaterial in diesem Bereich ausreichend. Der Laie wird sich fragen, warum diese
komplizierte Regelung geschaffen wurde. Begründet wird die Regelung in erster Linie, um
die Gerichte vor Verfahren zu entlasten, die gerade bei Notfällen oftmals eintreten.
Es werden bei Notfällen durch Angehörige, Ehegatten oder Krankenhäuser schnell
Betreuungen angeregt, um einen Entscheidungsträger für notwendige medizinische
Maßnahmen zu haben, weil die Ehegatten keine Vorsorgevollmacht sich gegenseitig
erstellten. Diese Verfahren sind zeit- und für den Gesetzgeber kostenintensiv und werden in
den Notfällen oftmals relativ schnell eingestellt. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass in
derartigen Fällen sich Eheleute und Partner gegenseitig vertreten sollten. Die Regelung ist
allerdings so kompliziert, dass auch aufgrund der Notwendigkeit der schriftlichen
Bestätigung des Arztes in der Praxis wohl kaum diese Regelung erfolgreich sein dürfte.
Es empfiehlt sich daher nach wie vor eine Vorsorgevollmacht dringend für Ehepartner oder
Partner oder engere tragende Partnerschaft aber auch Angehörige Vorsorgevollmachten beim
Anwalt erstellen zu lassen, die sich auf diesem Gebiet auskennen und mit dem
Betreuungsverfahren befasst sind.

Prof. Dr. Volker Thieler

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Das neue Betreuungsgesetz ab dem 1. März 2023, Ehegattenvertretung veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

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