Auskunft gegenüber Angehörigen im neuen Betreuungsgesetz


§ 1822 BGB-E führt eine Auskunftspflicht des Betreuers gegenüber nahestehenden
Angehörigen und Vertrauenspersonen des Betreuten ein, eingeschränkt auf die Fälle und den
Umfang, in denen die Erteilung einer solchen Auskunft dem Wunsch oder mutmaßlichen
Willen des Betreuten entspricht und sie dem Betreuer zuzumuten ist.
Maßstab und auch Grenze für die Auskunftspflicht ist in jedem Fall der geäußerte Wunsch
bzw. mutmaßliche Wille des Betreuten, der entsprechend § 1821 Absatz 2 bis 4 BGB-E zu
ermitteln ist. Hierfür ist durch den Betreuer der Wunsch bzw. mutmaßliche Wille des
Betreuten bezüglich der Auskunftserteilung festzustellen. Es handelt sich hierbei nicht um
eine zu widerlegende Vermutung des positiven Betreutenwillens, sondern um eine – im Sinne
der Selbstbestimmung des Betreuten folgerichtige – Anknüpfung der Auskunftspflicht an
einen positiv festgestellten Wunsch oder mutmaßlichen Willen des Betreuten. Eine
krankheitsbedingte Ablehnung einer Auskunftserteilung an einen nahen Angehörigen kann
unter den Voraussetzungen des § 1821 Absatz 3 Nummer 1 BGB-E unbeachtlich sein, wenn
diese dem mutmaßlichen Willen des Betreuten entspricht.
Es handelt sich dabei nicht um eine Beteiligung im gerichtlichen Verfahren, die von den in §
274 Absatz 4 Nummer 1 FamFG genannten Personen beantragt werden kann, sondern um
einen materiellen Auskunftsanspruch (!), der daraus resultiert, dass nicht als rechtliche
Betreuer bestellte Angehörige – z.B. Kinder, die in räumlicher Entfernung zu ihren Eltern
leben – den berechtigten Wunsch haben, über den Zustand der Betreuten auf dem Laufenden
gehalten zu werden bzw. in gewissen Abständen Informationen zu erhalten. Anlass für die
Neuregelung ist die vielfach auch von unserseitens geäußerte Kritik, dass insbesondere bei Betreuten, die sich krankheits- oder
behinderungsbedingt nicht äußern können, die Gefahr des Missbrauchs der Betreuerstellung
und einer Isolierung des Betreuten bestand. Hintergrund war, weil Angehörige nach der alten
gesetzlichen Regelung kein Recht auf Information gegenüber dem Betreuer zusteht. Es soll
verhindert werden, dass der Betreuer jegliche Kontaktaufnahme zu Angehörigen unterbindet.
Allerdings gibt es hier auch wieder eine Ausnahmesituation, soweit die Information dem
Betreuer nicht zumutbar ist. Beispielsweise aufgrund einer gesundheitlichen Situation des
Betreuten oder von dem Betreuten nicht gewünscht wurde, ist die Auskunft nicht zu erteilen.
Es besteht in der Praxis die Gefahr, dass viele Betreuer sich wahrscheinlich damit
herausreden könnten, dass die Betreuten dies nicht wünschen. Dies wird die Praxis zeigen.
(Amtliche Begründung)

Prof. Dr. Volker Thieler

Dieser Beitrag wurde unter Auskunft gegenüber Angehörigen, Das neue Betreuungsgesetz ab dem 1. März 2023 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu Auskunft gegenüber Angehörigen im neuen Betreuungsgesetz

  1. Manecke, Krimhild sagt:

    Meine Schwester erhielt einen gesetzlichen Betreuer zu einem Zeitpunkt, in dem die zu Betreuende schon stark dement war. Der Betreuer lehnt die Zusammenarbeit mit mir als Schwester ab, weil die Betreute angeblich nicht mit mir Kontakt haben wollte. Zu dem Zeitpunkt , in der solche Äußerungen gefallen sein könnten, war sie stark dement und Verantwortliche aus dem Heim, in der meine Schwester gepflegt wird, können einen gutes Verhältnis unter den Geshwistern bestätigen.

    • Abele sagt:

      Guten Tag,

      hier empfiehlt sich, den Betreuer abzulehnen, zumindest den Vorgang bei Gericht mitzuteilen, da der Betreuer sich rechtswidrig verhält.

      Mit freundlichen Grüßen
      Prof. Dr. Volker Thieler

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